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Serie: Kommunalwahl

Frauen kämpfen für mehr Mandate in den Gremien

Bei der Kommunalwahl wird ein Fokus auf der Frage liegen, wie hoch der Frauenanteil sein wird. Klar ist für alle Expertinnen, ein Zurück unter die 25 Prozent darf es nicht geben. Dass Frauen und Männer zu gleichen Anteilen vertreten sein werden, klingt aber ebenfalls unrealistisch. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte.

Elke Staubach, Eva Schäfer-Weber und Resi Berger-Bäuerle (von links) setzen sich schon lange für mehr Frauen in den Gemeinderäten ein.

Privat)

Stuttgart. 33 Prozent, 40 Prozent, am liebsten aber die Parität – so lauten Prognosen und Wünsche für den Frauenanteil in den Gemeinderäten nach der Kommunalwahl am 9. Juni . Wie viele Frauen dann Ratsmitglieder sind, hängt auch davon ab, wie hoch der Anteil der Kandidatinnen auf den Listen ist. Stichproben ergeben, dass im Vergleich zu den Wahlen vor fünf Jahren mehr Frauen auf den Listen stehen. Gesicherte Zahlen dazu gibt es aber so kurz nach Abgabe der Listen bei den Gemeindewahlausschüssen nicht. Die Gewissheit, dass dies am Ende zu einem Frauenanteil von zumindest 30 Prozent führt, gibt auch das nicht.

Rahmenbedingungen für Frauen haben sich verbessert

Auf der 32-köpfigen Liste der CDU in Leonberg kandidieren neun Frauen. Für die noch amtierende Gemeinderätin Elke Staubach (CDU) ist das zwar noch zu wenig. Zumindest aber seien die Frauen weit vorne platziert. Für Staubach selbst ist mit Kommunalpolitik auf Gemeindeebene im Sommer Schluss: Sie kandidiert nicht mehr für den Leonberger Gemeinderat, in dem sie 25 Jahre mitgewirkt hatte, „weil junger Nachwuchs da ist“. Für den Kreistag in Böblingen will sie es aber noch einmal wissen. Für die Leonbergerin ist nicht nur der zu niedrige Frauenanteil in vielen Gemeinderäten ein Thema. Überhaupt brauche man einen Querschnitt der Bevölkerung in den Gremien.

Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Gemeinderatsarbeit verbessert

Dabei müsse man sich auch über die Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Gemeinderatsarbeit unterhalten. Diese hätten sich mit der Übernahme von Betreuungs- und Pflegekosten für Kinder und Angehörige verbessert, seien aber noch nicht optimal. Zurückhaltend reagiert sie auf die dauerhafte Möglichkeit von einer virtuellen Teilnahme an Sitzungen. „Da fehlt der zwischenmenschliche Kontakt oder die schnelle Reaktionsmöglichkeit während der Sitzungen“, sagt Staubach. Sie wünsche sich, dass es beim Frauenanteil einen großen Schritt nach vorne gebe.

Vorteilhaft, wenn Frauen auf den Listen stehen

„Wenn Frauen Frauen wählen würden, müsste im Gemeinderat ein Anteil von 50 Prozent herauskommen“, rechnet Gemeinderätin Resi Berger-Bäuerle (Frauen für Renningen) vor, „aber das ist nicht so.“ Es komme immer wieder vor, dass gute Frauen auf anderen Listen es nicht in den Gemeinderat schaffen. Die Renningerin ist seit einem Vierteljahrhundert in der Kommunalpolitik aktiv. „In den Anfangsjahren war es viel schwieriger, gehört zu werden, man wurde runtergebügelt von älteren Kollegen“, erinnert sie sich. Inzwischen sehe aber jeder, wie gut es sei, auch Frauen in den eigenen Reihen zu haben. Die Lebenserfahrung sei doch eine andere.

Jüngere Frauen lassen sich leichter begeistern

Berger-Bäuerle wollte bei der Wahl im Juni eigentlich nicht mehr antreten. Jetzt aber ist es doch anders gekommen, weil man sie und weitere Mitstreiterinnen darum gebeten hatte. Dabei sei es auf der anderen Seite nicht schwierig gewesen, Frauen für eine Kandidatur zu begeistern – unter anderem im Alter von 16, 18 und 24 Jahren. Es handle sich dabei keineswegs um Töchter von Müttern, die ebenfalls auf der Liste sind, sondern um junge Frauen, die Erfahrungen im Jugendgemeinderat gesammelt haben.

Bildung und Betreuung, Sicherheit und Einzelhandel

Eva Schäfer-Weber (Frauenliste Herrenberg) findet, wenn es Frauenlisten gebe, dann seien auch die anderen Fraktionen eher gewillt, Frauen zu suchen. „Und man merkt, alle Listen bemühen sich, aber die Parität werden wir nicht schaffen“, glaubt sie. Aktuell liegt der Frauenanteil im Herrenberger Gemeinderat bei 32 Prozent und damit deutlich über dem Landesdurchschnitt. Sie sieht die Arbeitsschwerpunkte der Liste in den Bereichen Bildung und Betreuung. „Da müssen wir weitermachen und zum Beispiel Lösungen für den Erzieherinnenmangel finden.“

Pforzheim kann über eine Frauenliste abstimmen

Eine neue Frauenliste wird es in Pforzheim geben. Mitgründerin Sabine Zeitler, die bisher bei den Freien Wählern aktiv war, will den politischen Blick nicht nur auf die Betreuungsprobleme lenken, die es allerorten gibt, sondern auf die Themen Sicherheit in der Stadt oder Belebung des Einzelhandels.

Unabhängiger Charakter

„Das prägt das Leben in unserer Stadt“, weiß die Diplom-Psychologin. In den Fokus will die Pforzheimerin auch das „Haus der Jugend“ nehmen, in dem die Angebote für junge Migrantinnen deutlich verstärkt werden müssten. Zeitler betont auch, die Frauenliste mit 39 Köpfen sei überparteilich und unabhängig: „Wenn wir Fraktionsstärke erreichen, wäre das toll.“

Rund ein Viertel der Räte ist weiblich

Seit der vergangenen Kommunalwahl im Jahr 2019 gibt es rund ein Viertel Mandatsträgerinnen in den Gemeinderäten. Beate Dörr vom Fachbereich Frauen und Politik bei der Landeszentrale für politische Bildung sieht die kommunalen Verwaltungen in der Pflicht, für gute Rahmenbedingungen in der Gemeinderatsarbeit zu sorgen. Benötigt würden verpflichtende Workshops für alle Gemeinderäte, etwa zu Fragen des Umgangs miteinander. Außerdem kritisiert sie die „wachsweiche Soll-Bestimmung“, dass Listen paritätisch besetzt werden sollen. Es sei eindeutig nachgewiesen, dass ein Reißverschlussverfahren helfe, dass mehr Frauen gewählt werden.

Marcus Dischinger

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