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Städtetag will Großversuch zum Regelungsbefreiungsgesetz

In den dicken Loseblattsammlungen mit Landesgesetzen dürfte die eine oder andere Regel probeweise bald nicht mehr gelten.
dpa/Tom Weller)Stuttgart. Mit den Mitteln des neuen Regelungsbefreiungsgesetzes will der Städtetag erreichen, dass seine 205 Mitgliedskommunen keine Nachweise bei der Landesförderung mehr vorlegen müssen. Um zu belegen, dass Landesmittel bei der Förderung rechtmäßig verwendet worden sind, soll eine entsprechende Erklärung der Kommunen ausreichend sein. Der Verband schlägt vor, dass die zuständigen Ministerien für die kommenden vier Jahre allenfalls Stichproben zur Mittelverwendung erheben dürfen. Das soll nicht mehr als fünf Prozent der Fälle betreffen.
Antrag macht die Probe aufs Exempel
Damit dürfte der Städtetag die Auslegung des neuen Gesetzes gleich nach seinem Inkrafttreten testen. Das Gesetz erlaubt Regelungsabweichungen nur zur Probe. Zwar verweist der Verband in seinem Antrag darauf, dass die 205 Mitglieder weniger als ein Fünftel der 1101 Kommunen des Landes ausmachen. Der Antrag beziehe sich auf alle kommunalen Größenklassen – von der Landstadt bis zur Landeshauptstadt. Dies zeige die Wirkung des Vorschlags auf unterschiedliche Städte.
Allerdings betrifft der Antrag zumindest indirekt rund 6,6 Millionen Menschen. So viele leben in den Mitgliedskommunen des Städtetags. Ob man bei einem Bundesland mit gut 11,2 Millionen Menschen da noch von einer Erprobung sprechen kann, muss das Innenministerium prüfen. Welchen Maßstab es ansetzt, bleibt unklar. Auf Anfrage des Staatsanzeigers hieß es nur, der Antrag werde an die zuständigen Ministerien weitergeleitet leiten. Der Verband selbst räumt ein, dass er mit dem Änderungswunsch juristisches Neuland betrete, möchte aber so die Landesregierung auch zur Aufgabenkritik animieren.
Der Vorschlag korrespondiert mit der Skepsis des Städtetags gegenüber Förderprogrammen. Er fordert stattdessen eine auskömmliche Grundfinanzierung der Kommunen. „Solange es aber Förderprogramme gibt, müssen sie wenigstens so gestaltet sein, dass sie wirken können, anstatt Zeit und Energie in Berichts- und Nachweispflichten zu binden“, sagt Ralf Broß, Geschäftsführer des Städtetags, zur Motivation.
Weitere Verbände bereiten Anträge vor
Noch nicht ganz so weit sind Gemeinde- und Landkreistag. Die Organisation der kreisangehörigen Kommunen entwickelt ein Verfahren zur Antragstellung. Mitglieder planten eigene Anträge, so Knittlingen mit der Idee, die Standesamtsverwaltung den unteren Verwaltungsbehörden zu übertragen.
Auch der Landkreistag will mit den Landratsämtern Deregulierungsvorschläge erarbeiten, Anträge werde es bald geben, so Landkreistag-Geschäftsführer Alexis von Komorowski: „Dabei wird es zunächst um Entlastungen etwa im Bereich des Bau-, Agrar-, Ausländer- und Gesundheitsrechts gehen.“ Außerdem verweist von Komorowski auf die Chancen zur direkten Deregulierung durch Land und Bund.
Berliner Koalition arbeitet am Bundesexperimentiergesetz
In Berlin hat sich die Koalition zu mehr Öffnungs- und Experimentierklauseln per Koalitionsvertrag verpflichtet. Außerdem will Schwarz-Rot ein Bundesexperimentiergesetz verabschieden. Dazu haben in einem Ideenwettbewerb 18 Akteure 60 Rückmeldungen gegeben, die nun bearbeitet werden. Mit dem Gesetz soll die Wirkung neuer Regeln unter Realbedingungen getestet werden. Konkreter werden weder CDU noch SPD im Bundestag. Der für die Union zu dem Thema zuständige Bundestagsabgeordnete Martin Plum (Viersen) mahnt eine gründliche Prüfung an.
Erfahrungen mit der Standarderprobung sammelt das Land Brandenburg seit 20 Jahren. Nach dem Auslaufen des ersten Regelwerks hat der Gesetzgeber in Potsdam ein zweites Standarderprobungsgesetz aufgelegt, das die Grundlage für das baden-württembergische Gesetz bildet. Seit Beginn dieser Gesetzgebung, so die jüngste Bilanz von 2023, gab es 139 Anträge, von denen 52 mittlerweile landesweit gelten. 29 Vorschläge hat die Regierung abgelehnt.
Hilfe für Kommunen, wenn sich Medien zurückziehen
Die Kommunen machten Vorschläge zum Straßenverkehr, zu Wertgrenzen bei Ausschreibungen oder der Wahlordnung nach dem Landespersonalvertretungsgesetz. Nachdem die Lokalpresse in Wittstock/Dosse auf Digitalausgaben umgestellt hatte, ermöglichte das Gesetz die Anpassung der Publizitätsregeln für öffentliche Bekanntmachungen.