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Strafjustiz 

Auch Baden-Württemberg braucht mehr Richter und Staatsanwälte

Bundesweit fehlen nach Angaben des Deutschen Richterbunds in etwa 2000 Strafrichter und Staatsanwälte. Dies führe zu immer längeren Verfahrensdauern und dazu, dass Verfahren eingestellt würden. Auch in Baden-Württemberg gibt es personelle Engpässe. Das Justizministerium will sie beseitigen.
Aktenstapel mit Buch "Fischer StGB", unscharfe Person im Hintergrund.

Der Deutsche Richterbund warnt, dass die Strafjustiz aufgrund des Personalmangels zunehmend zum Flaschenhals bei der Kriminalitätsbekämpfung wird. Foto: dpa/Marijan Murat

dpa/Marijan Murat)

Stuttgart. Rund 2000 Staatsanwälte und Strafrichter fehlen in Deutschland. Dies sei mit ein Grund dafür, weshalb Strafverfahren immer länger dauerten und Ermittler öfter Fälle einstellen müssten, warnt der Deutsche Richterbund. Auch die Zahl der Ermittlungsverfahren steigt. Die Staatsanwaltschaften schieben fast eine Million unerledigte Akten vor sich her, beklagt der Verband weiter. Die Strafjustiz werde daher zunehmend zum Flaschenhals bei der Kriminalitätsbekämpfung.

In Baden-Württemberg ist entgegen dem Bundestrend die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte bei den Staatsanwaltschaften gesunken. Das teilt das Justizministerium auf Anfrage mit. Seit 2021 war die Zahl offener Verfahren in Baden-Württemberg gestiegen, im ersten Halbjahr dieses Jahres war sie aber wieder rückläufig. Das nach wie vor hohe Niveau an offenen Verfahren bei den Staatsanwaltschaften beruht laut Justizministerin Marion Gentges (CDU) vor allem auf dem Anstieg der Verfahrenseingänge der vergangenen Jahre.

Die Anklagequote ist im Südwesten konstant geblieben

Trotz mehr Verfahren konnten die Staatsanwaltschaften im Land entgegen dem Bundestrend die Zahl der erledigten Verfahren steigern, sagt Gentges. Das sei aber nur durch eine erhebliche personelle Verstärkung möglich gewesen. Um die Bestände weiter abzuarbeiten, habe das Justizministerium der Strafjustiz auch im aktuellen Haushalt Priorität eingeräumt. 109 Neustellen sollen vor allem die Bereiche stärken, die vom Anstieg der Verfahren besonders betroffen sind. Dies betrifft vor allem die Verfolgung von Straftaten nach dem Asylgesetz, von Gewalt- und Eigentumsdelikten, von sexualisierter Gewalt gegen Kinder sowie die Bekämpfung von Finanzkriminalität.

Gentges berichtet – nicht ohne Stolz –, dass die Anklagequote und auch die Zahl der eingestellten Verfahren im Land konstant geblieben sei. Den vielen neu eingehenden Verfahren und dem hohen Bestand an offenen Ermittlungsverfahren in den vergangenen Jahren zum Trotz. „Dies zeigt, dass die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Land trotz erheblichen Arbeitsdrucks engagierte und sorgfältige Arbeit leisten“, betont die Ministerin. Die Zahl der Verfahren habe keine Auswirkungen auf die Zahl der Einstellungen. Das ist, sagt Gentges weiter, auch richtig: „Straftaten müssen konsequent verfolgt und geahndet werden.“

Im Bund hat Schwarz-Rot im Koalitionsvertrag vereinbart, in einem neuen „Pakt für den Rechtsstaat“ gemeinsam mit den Ländern die Justiz zukunftsfest zu gestalten.

Justizministerin Gentges: „Wir müssen gesamtstaatlich liefern“

Dies wurde kürzlich auf der gemeinsamen Klausurtagung bekräftigt. Im Fokus stehen dabei drei Maßnahmen: Die Personalsituation soll verbessert werden, die Digitalisierung vorangetrieben und Verfahrensabläufe verschlankt werden. Auch der Deutsche Richterbund verweist darauf, dass einzelne Verfahren immer aufwendiger würden, weil die Regelungsdichte der Strafgesetze seit vielen Jahren zunehme. „Die Probleme dulden keinen Aufschub, ohne eine schlagkräftige Strafverfolgung wird auch die im Koalitionsvertrag ausgerufene Sicherheitsoffensive scheitern“, heißt es. Neue Ermittlungsbefugnisse und schärfere Gesetze bewirkten wenig, solange Personallücken eine effektive Strafverfolgung ausbremsten. Der Schlüssel liege „in einer besseren Rechtsdurchsetzung, in einem effektiveren Vollzug der Gesetze“.

Bereits auf der Justizministerkonferenz im Juni haben die Justizminister der Länder gefordert, dass sich der Bund an der Finanzierung von mindestens 2000 neuen Stellen für Richter und Staatsanwaltschaften sowie neuen Stellen im Unterstützungsbereich beteiligt. Nach dem Königsteiner Schlüssel wären das in Baden-Württemberg 260 Stellen für Richter und Staatsanwälte. „Einige Bundesländer sind angesichts der stark steigenden Kriminalitätszahlen und immer mehr bundesgesetzlicher Aufgaben schlicht auf finanzielle Hilfe des Bundes angewiesen“, betont Gentges. „Wir müssen gesamtstaatlich liefern, damit die Justiz in der Fläche durchgehend stark aufgestellt ist.“

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Der Richterbund sieht die Bundesländer in der Pflicht

Die schwarz-rote Koalition hat angekündigt, den „Pakt für den Rechtsstaat“ neu aufzusetzen. Die Justiz soll damit digitaler werden und mehr Personal bekommen. Die Bundesländer sollen dafür in den kommenden vier Jahren rund eine halbe Milliarde Euro bekommen. Der Deutsche Richterbund begrüßt die Ankündigung: „Die Bundesregierung hält Wort und macht den Rechtsstaatspakt zu einem Schwerpunkt ihres politischen Handelns.“ Nun sieht der Richterbund die Bundesländer in der Pflicht. Sie müssten ihren Teil des Rechtsstaatspakts erfüllen und konkrete Zusagen für neue Stellen in der Justiz machen.

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