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Cem Özdemir ist Spitzenkandidat der Grünen

Cem Özdemir hat auch immer ein Grundgesetz in der Tasche.
picture alliance/dpa/Marijan Murat)Heidenheim. „Die Zukunft werden wir nicht mit Konzepten von gestern gewinnen“. Das sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Beim Landesparteitag der Grünen in Heidenheim an der Brenz stimmt er mit seiner Rede auf die Wahl des Spitzenkandidaten der Grünen für die Landtagswahl 2026 ein: „Ich freue mich, dass Du mein Nachfolger werden willst“, leitet er über zu Cem Özdemir , den die Delegierten mit 97 Prozent der Stimmen zu ihrem Spitzenkandidaten wählten. Er erhielt 3 Neinstimmen und 3 Enthaltungen. Die Delegierten feierten ihn minutenlang mit Standing Ovations und tosendem Beifall.
Özdemir sieht einen Auftrag von Kretschmann | Staatsanzeiger BW
Auf dem ehemaligen Bundesvorsitzenden, Bundeslandwirtschafts- und zuletzt auch Bundesbildungsminister ruhen die Hoffnungen der Grünen, auch 2026 die führende Regierungspartei zu bleiben. Kretschmann, der vor einer Woche seinen 77. Geburtstag feierte, tritt bei der Wahl am 8. März nicht mehr an. Cem Özdemir, Bad Uracher Ehrenbürger mit türkischen Wurzeln, sagt an die Adresse der Grünen gerichtet deutlich: „Ich will hier in Baden-Württemberg kein Erbe und keine Thronfolge antreten. Ich will für Baden-Württemberg ein neues Kapitel aufschlagen. Ein Kapitel, in dem wir unsere gemeinsame Heimat lebenswert halten und lebenswert machen! “
Özdemir und der Phönix-Moment der Grünen | Staatsanzeiger BW
Özdemir will „an seine Grenzen gehen und darüber hinaus“
Özdemir wird im Wahlkampf auf den Partei- und Fraktionschef der Südwest-CDU, Manuel Hagel, treffen. Hagel wurde bereits am vergangenen Wochenende von seiner Partei zum Spitzenkandidaten gekürt. Seiner Partei verspricht Özdemir: „Ich werde an meine Grenzen gehen und wo nötig auch darüber hinaus.“
Seine Rede beim Parteitag ist umfassend, teilweise schon staatstragend. Er spricht von Zusammenhalt, von wechselseitiger Wertschätzung, von Respekt, Vertrauen, Kompromissfähigkeit. Es komme nicht darauf an, woher jemand komme, sondern wohin er wolle.
Der Spitzenkandidat will um die Mitte kämpfen
Özdemir sieht für das Land viele Chancen. Aber er betont auch: „Ich will und werde Euch nicht das Blaue vom Himmel versprechen. Und den Menschen im Land auch nicht. Die haben Ehrlichkeit verdient, keine Sprüche.“ Und er verspricht: „Ich werde im Wahlkampf nicht dazu beitragen, unsere Heimat weiter auseinander zu dividieren, die Menschen gegeneinander aufzubringen.“
Das nächste Kapitel im erstaunlichen Leben des Cem Özdemir | Staatsanzeiger BW
Er hebt hervor, dass die Parteien der demokratischen Mitte in der Lage sein müssen, einander zuzuhören, das Verbindende zu suchen, auch über inhaltliche Differenzen hinweg. „Dann werden wir immer die besseren Antworten geben als Populisten und Nationalisten“, sagt Özdemir.
Zugleich macht er deutlich: „Wir sind tolerant, aber wir sind nicht naiv.“ Wer nach Baden-Württembergkommen wolle und „beispielsweise ein Problem mit der Gleichberechtigung von Frau und Mann hat, wer unsere säkulare Gesellschaftsordnung infrage stellt, wer Gewalt keine klare Absage erteilt oder sogar prügelnd, mit Messern oder schießend durch die Straßen läuft, wer Hass säht, der ist hier schlicht im falschen Land“.
Es geht um die Wirtschaft und die Automobilindustrie
Özdemir hat auch die Wirtschaft im Blick, nicht zuletzt die Automobilindustrie, die in der Krise steckt. Viele Beschäftigte in der Industrie wüssten nicht, wie es mir ihren Arbeitsplätzen weiter gehe. Sie hätten ein Recht auf ehrliche Antworten. „Und diese Antworten müssen funktionieren, eine Perspektive bieten“, so Özdemir.
Transformationsprosa reiche da bei weitem nicht. Er spricht von verlässlichen Rahmenbedingungen für die Industrie, von Technologieoffenheit, im Sinne der richtigen Technologie für den richtigen Einsatz. Und verspricht: „Ich will ganz gezielt einen Schwerpunkt auf die berufliche Bildung setzen: Mit einer Kombination aus kostenlosem Meister plus einer weiter entwickelten Meistergründungsprämie, die Neugründungen und Betriebsübernahmen erleichtert.“
Und er sieht auch die dramatische finanzielle Lage der Kommunen. Notwendig seien strukturelle Reformen, die die Kommunen dauerhaft entlasten. Er erklärte, dass er sich als Ministerpräsident für eine bessere Ausstattung der Kommunen stark machen wolle.
Nach Umfragen liegen die Grünen derzeit in der Wählergunst hinter der CDU
Die Ausgangslage könnte für Özdemir mehrere Monate vor dem Wahltermin besser sein. Die regierenden Grünen liegen in den Umfragen seit vielen Monaten deutlich hinter der CDU. In der jüngsten Umfrage von SWR und Stuttgarter Zeitung landete die Ökopartei bei 20 Prozent, die CDU kam auf 31 Prozent, die AfD erhielt 19 Prozent.
Dennoch sagte Özdemir an die Adresse der CDU gerichtet, diese solle sich nicht zu früh freuen. „Manche dort glauben ja, die Messe sei schon gelesen, die blättern schon Möbelkataloge durch, um die Villa Reitzenstein neu einzurichten. Denen sage ich: Der Vogel, der morgens singt, den holt abends die Katz!“
Thekla Walker kandiert auf Platz 1 der Landesliste
Zudem bestimmt die Partei die Rangfolge ihrer Landesliste für die Landtagswahl. Das ist ein Novum, denn bei der Wahl gilt zum ersten Mal ein neues Wahlrecht, das neben der Erststimme für den Wahlkreiskandidaten auch eine Zweitstimme für die Landesliste einer Partei vorsieht.
Zudem bestimmt die Partei in Heidenheim die Rangfolge ihrer Landesliste für die Landtagswahl. Das ist ein Novum, denn bei der Wahl gilt zum ersten Mal ein neues Wahlrecht, das neben der Erststimme für den Wahlkreiskandidaten auch eine Zweitstimme für die Landesliste einer Partei vorsieht.
Aufgrund der Statuten der Grünen, kann Özdemir für die Landesliste erst auf Platz 2 kandidieren. Die Plätze mit ungeraden Nummern sind grundsätzlich Frauen vorbehalten. Die Umweltministerin von Baden-Württemberg, Thekla Walker, führt die Landesliste an, gefolgt von Özdemir und der Landtagspräsident Muhterem Aras auf Platz 3. Auf Platz 4 startet Fraktionschef Andreas Schwarz, auf Platz 5 die Wissenschaftsministerin Petra Olschowski. Die Landesliste spielt für Parteien, die viele Direktmandate holen, kaum eine Rolle. Hingegen kann ein vorderer Platz auf einer Landesliste bei den kleinen Parteien über den Einzug in den Landtag entscheiden.
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