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Die Wirtschaft kann mehr

Die Zeiten, in denen der Südwesten in allen Disziplinen vorne lag, sind vorbei. Doch Klagen über vergossene Milch helfen nicht weiter. Die Wirtschaft kann es immer noch packen, vorausgesetzt die Rahmenbedingungen stimmen und man traut sich was. Ein Leitartikel von Rafael Binkowski.

Nicht an alles gedacht? Der EQS von Mercedes - hier neben Firmenchef Ola Källenius (links) und Kanzler Olaf Scholz (Mitte) - sollte insbesondere chinesische Kunden ansprechen, doch die hätten hinten gerne mehr Platz.

dpa/Christoph Schmidt)

Wie steht es um den Standort Baden-Württemberg? Lief der Südwesten in den goldenen zehn Jahren von 2010 bis 2020 dem Rest der Republik in Sachen Prosperität oft meilenweit voraus, scheint es nun umgekehrt zu sein. Der Wohlstand resultierte weit überwiegend von den glänzenden Geschäften der Automobilindustrie. Mercedes, Porsche und Zulieferer wie Bosch verbuchten zwar weniger in Europa, aber in China und den USA rasante Zuwächse.

Jetzt bleiben die „Schecks aus China“ aus, wie es ein führender Automanager vergangenes Jahr formulierte. Das ist gerade für Mercedes besonders fatal, weil unter dem Vorstandschef Ola Källenius die Konzentration auf Luxusautos das Portfolio weiter verengt hat. Vielleicht haben die vielen fetten Jahre satt und zufrieden gemacht. Die deutschen Autobauer haben einige Trends verpasst.

Einmal wurden schlicht Fehler in der Modellpolitik gemacht, die Luxusschlitten sind in China plötzlich nicht mehr en vogue. Etwa Mercedes beim Flaggschiff EQS, der hinten zu wenig Platz hatte, genau darauf legen Superreiche in China aber Wert. Dann das Thema Elektromobilität. Hier hat man fahrlässig die Technologieführerschaft an Asien abgegeben, VW entwickelte völlig überteuerte, klobige und wenig attraktive Modelle. Mercedes setzte alles auf Elektro, vergaß aber, dass selbst nach dem EU-Verbrennerverbot (so es denn kommt) weiter Benzinautos auf dem Weltmarkt gefragt sind.

Jetzt geben andere Marken den Ton an. Tesla hat den Elektromarkt aufgerollt, doch durch das erratische Verhalten des Chefs das Image verdorben. Aber europäische Konzerne wie Stellantis und die Chinesen mit BYD haben bezahlbare, schicke E-Autos voller Technik aufgelegt.

Nun muss alles zugleich angepackt werden. Doch man hat sich zu lange auf den immer noch satten Gewinnen ausgeruht. Jetzt muss mit aller Macht umgesteuert werden, hin zu konkurrenzfähigen Stromern. Gleichzeitig muss man noch attraktive Verbrennerautos auflegen.

Die Schwäche der Automobilwirtschaft , die schlechte Weltkonjunktur und das Trumpsche Zollchaos erfassen auch weitere Branchen wie den Maschinenbau und damit die vielen schwäbischen und badischen heimlichen Weltmarktführer.

Was benötigt die Wirtschaft? Zunächst einmal Verlässlichkeit, langfristige Pläne der Politik, die zielgerichtet umgesetzt werden. Eine spürbare Entlastung, verlässlich günstige Strompreise, einen Turbo bei Genehmigungsprozessen, eine drastische Vereinfachung von Verwaltungsvorgängen.

Das kann die Politik tun, im Bund wie im Land. Aber es benötigt auch Mut und Innovationsbereitschaft bei den Unternehmern. Vor allem aber ist Wirtschaft auch viel Psychologie. Es muss nicht der viel beschworene Ruck sein, Optimismus reicht schon.

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