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Naturschutztage

„Unsere Zukunft hängt direkt davon ab, was wir heute für sie tun“

„Wer in die Zukunft blickt, könnte den Mut verlieren. Überall Krisen: Kriege,Artensterben, Klimakrise: Sind wir überhaupt noch zu retten?“ Dieser Frage gehen Naturschützer bei den  Naturschutztagen am Bodensee nach. Dazu eingeladen haben NABU und BUND in diesem Jahr einen Apokalipse-Forscher, eine Psychologieprofessorin und einen Protest- und Bewegungsforscher. 

Überschwemmungen ebenso wie Dürren nehmen durch den Klimawandel zu.

picture alliance/dpa/Thomas Frey)

Radolfzell. „Wer in die Zukunft blickt, könnte den Mut verlieren. Überall Krisen: Kriege, Artensterben, Klimakrise: Sind wir überhaupt noch zu retten?“ Mit dieser Frage eröffnet Johannes Enssle , Landesvorsitzender des Naturschutzbunds ( NABU ) die Naturschutztage am Bodensee. Und damit greift er auch die Stimmung vieler Ehrenamtlicher im Naturschutz auf.

Bereits zum 47. Mal veranstalten der NABU und der Bund für Umwelt- und Naturschutz ( BUND ) in Baden-Württemberg die Naturschutztage am Bodensee Anfang Januar. Da geht es stets um drängende Fragen aus dem Umwelt- und Naturschutz.

„Es braucht Menschen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. Denn unsere Zukunft ist kein vorprogrammiertes Schicksal, dem wir uns ergeben müssen. Sie hängt vielmehr direkt davon ab, was wir heute für sie tun“, sagt die Landesvorsitzende des BUND, Sylvia Pilarsky-Grosch.

Sich von Untergangsszenarien nicht lähmen lassen

Und dabei kommt es darauf an, sich von Untergangsszenarien nicht lähmen zu lassen. Vielmehr können solche Botschaften auch politischen Druck erzeugen, so der Apokalypse-Forscher Philipp Schrögel aus Heidelberg. Denn eigentlich stecken wir schon mitten in einer Apokalypse mit Blick auf den Klimawandel und wollen es nicht wahrhaben, so Schrögel.  Doch: „Viele Menschen weltweit, insbesondere im globalen Süden, sind unmittelbar in ihrer Existenz bedroht, erfahren den Untergang ihrer Welt durch Dürren, Überflutungen oder Feuer“, so Schrögel. Damit apokalyptische Nachrichten aufrütteln und nicht resignieren lassen, müssten sie eine aktivierende Botschaft enthalten, so der Wissenschaftler, der sich mit der Frage nach dem Weltuntergang in der Kulturgeschichte befasst.

Die Psychologieprofessorin Silvia Queri von der Hochschule Ravensburg-Weingarten will Hoffnung machen. Engagement lohne sich. Wer schwierige Situationen gut überstehen wolle, müsse sich engagieren und dürfe nicht resignieren. Sie befasst sich deshalb auch mit der Frage, wie Ohnmachtsgefühle bei all den negativen Nachrichten überwunden werden können. „Klimakrise, Pandemien, Inflation oder bewaffnete Konflikte – wir befinden uns in einer Art ,Polykrise‘, die insbesondere bei jungen Menschen nachvollziehbare Zukunftsängste erzeugt. Sie fühlen sich vielfach ihrer Zukunft beraubt. Krisen wie die Klimakrise, deren Lösung komplex und langwierig ist, können Erschöpfungszustände mit lähmender Angst und resignativer Antriebslosigkeit auslösen – auf individueller und kollektiver Ebene“, so Queri.

Natur- und Artenschutz wird zunehmend als Hindernis wahrgenommen

„Wir stehen als Gesellschaft vor enormen Herausforderungen. Die Klimakatastrophe spitzt sich immer weiter zu – mit nicht absehbaren Folgen“, sagt Simon Teune, Protest- und Bewegungsforscher aus Berlin. In dieser Situation brauche es soziale Bewegungen und die organisierte Zivilgesellschaft, um eine Transformation zu einer Lebensweise voranzutreiben, die das Ausmaß der Klimakatastrophe begrenzt, anstatt sie zu befeuern, so Teune „Umweltorganisationen spielen dabei eine wichtige Rolle als Treiber, Erklärer und Vermittler. Sie müssen sich aber auch selbstkritisch fragen, ob sie dieser historischen Situation bereits gerecht werden.“

NABU und BUND wollen in diesem Jahr mit der Themenwahl ein Zeichen setzen und Mitglieder und Bürger dazu aufrufen, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern sich aktiv einzubringen. Pilarsky-Grosch verweist darauf, dass die Aktiven im Naturschutz häufig dazu neigten, zu sehen, was noch nicht erreicht wurde, statt auch zu sehen, was bereits erreicht wurde, etwa ein weltweites FCKW-Verbot.

Enssle bereitet zudem Sorge, dass der Natur- und Artenschutz in den vergangenen Jahren zunehmend als Hindernis wahrgenommen wird. „Das wird nach hinten losgehen“, sagt der NABU-Landesvorsitzende. Zugleich hält er Bestrebungen, die Zivilgesellschaft und Klagerechte zurückzudrängen für bedenklich.

Stefanie Schlüter

stellvertretende Redaktionsleitung und Redakteurin Politik und Verwaltung

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