Baden-Württemberg will Frauen besser fördern
Stuttgart. Nach Ansicht von Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) ist in der Frauenpolitik „die Zeit reif“ für verbindliche gesetzliche Regelungen. Bloß mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Regelung und Quote könne die Situation verbessert werden, sagte Altpeter am Mittwoch in der aktuellen Debatte „Neue Wege in die geschlechtergerechte Gesellschaft – Der Internationale Frauentag als Mahnung und Auftrag“ im Landtag. Altpeter kritisierte die Bundesregierung, die die von der EU vorgeschlagene Frauenquote kippen wolle.
Frauen seien schlechter bezahlt als Männer, häufig Opfer von Gewalt, weniger in Spitzenpositionen und in Parlamenten vertreten und können immer noch zu oft Familie und Beruf nicht miteinander vereinbaren. „Dies darf nicht länger die Realität in unserem Land sein“, forderte die Ministerin. Freiwillige Vereinbarungen hätten nicht zu Erfolgen geführt, selbst im öffentlichen Dienst sehe es nicht viel besser aus, obwohl Grün-Rot schon einiges auf den Weg gebracht habe.
Altpeter kündigte auch die Aufstellung eines Landesaktionsplans gegen Gewalt an Frauen an. Zudem habe die Landesregierung die Fördermittel für Frauen- und Kinderschutzhäuser um 900 000 Euro erhöht. „Wir wollen, dass wir in Baden-Württemberg auch in der Frauenpolitik Spitze werden“, sagte die Ministerin.
Wölfle: Betreuunggeld ist "Fernhaltegeld"
Sprecherinnen und Sprecher aller vier Fraktionen waren sich darüber einig, dass sich die Situation der Frauen verbessern muss. Sabine Wölfle (SPD) wies darauf hin, dass Baden-Württemberg an letzter Stelle liege, was die Präsenz der Frauen in Organen und Berufsfeldern von Kommunen und Hochschulen angeht. Grün-Rot habe in der bisherigen Legislaturperiode zwar schon einiges auf den Weg gebracht; es gebe jedoch auch Blockaden in Aussagen wie „das war schon immer so“.
Das von der Bundesregierung beschlossene Betreuungsgeld nannte Wölfe ein „Fernhaltegeld“ von Frauen in beruflichen Positionen. „Eine geschlechtsgerechte Gesellschaft ist eine bessere Gesellschaft“, erklärte die SPD-Abgeordnete und beantragte bei Landtagspräsident Guido Wolf (CDU), die bisher ausschließlich nach Männern benannten Sitzungs- und Tagungsräume im Parlamentsgebäude künftig auch mit Frauen-Namen zu versehen.
CDU will Frauenquote in Aufsichtsräten von Dax-Unternehmen
Für Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) ist Deutschland „zwar weltweit betrachtet ein Paradies“, dennoch sei auch hierzulande die Situation der Frauen verbesserungswürdig. Frauen seien noch nie so gut ausgebildet wie heute. Gurr-Hirsch würdigte die Initiativen von Alice Schwarzer; ohne die Frauenrechtlerin „wären wir heute nicht da, wo wir sind“. Immerhin verfüge Deutschland über eine Bundeskanzlerin und vier Ministerpräsidentinnen. Die Chancen für gut ausgebildete Frauen seien noch nie so gut gewesen, urteilte Gurr-Hirsch.
Angesichts von mehr als die Hälfte an Studentinnen an den Hochschulen und mehr als 40 Prozent Abiturientinnen an den Schulen sagte die CDU-Abgeordnete, die Politik müsse „jungen Frauen vermitteln, nicht auszusteigen“. In diese Richtung ziele auch die CDU-Forderung nach einer Frauenquote von 40 Prozent in den Aufsichtsräten von DAX-Unternehmen.
Grüne: Geschlechtergerechtigkeit erfordert politisches Handeln
Auch Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Grüne) ist der Meinung, dass „Geschlechtergerechtigkeit politisches Handeln erfordert“. Frauen wollten Beruf und Familie miteinander vereinbaren, seien aber oft in Teilzeit und als geringfügig Beschäftigte tätig. Dies führe nich allein zu niedrigerem Einkommen, sondern auch zu einer geringeren Rente, sagte die Grüne und nannte die Konsequenzen: „Dies führt zu Altersarmut.“
In diesem Zusammenhang sieht sie es positiv, dass der Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn gestimmt hat. Schneidewind-Hartnagel sprach sich gegen das Betreuungsgeld und für ein Programm zur Gewinnung von mehr Professorinnen an Hochschulen aus. Sie hält außerdem eine Frauenquote für notwendig, „um die Männerdominanz zu durchbrechen“. Denn es dürfe nicht länger 364 Männer-Tage und einen Frauen-Tag geben.
FDP fordert Ausbau der Kleinkindbetreuung und der Ganztagsschulen
Jochen Haußmann (FDP) votierte ebenfalls für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Symbolträchtige Bestimmungen wie Entgeltgleichheitsgesetz oder Frauenquoten seien gerade für die familiengeführte Unternehmen im Land mehr schädlich, als dass sie Frauen bei Selbstbestimmung und individuellen Lebensentwürfen helfen. Auch die Liberalen wollten mehr Frauen in Spitzenpositionen und im mittleren Management. Frauen sollten auch bei der Berufswahl besser beraten werden. Außerdem forderte Haußmann den Ausbau der Kleinkindbetreuung und der Ganztagesschulen.
Quelle/Autor: Wolf Günthner