Debatten im Landtag vom 9. und 10. November 2011

Landesregierung will Zuschüsse für sozialpsychiatische Dienste verdoppeln

Stuttgart. Auf Antrag der Grünen Fraktion debattierte der Landtag an diesem Mittwoch über die sozialpsychiatrischen Dienste in Baden-Württemberg. Anlass war der Jahresbericht 2010 der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg, indem  Informationen zur sozialpsychiatrischen Versorgung in den Stadt- und Landkreisen von Baden-Württemberg abgebildet werden. Die grün-rote Koalition kündigte an, den Zuschuss für die landesweiten sozialpsychiatrischen […]

Stuttgart. Auf Antrag der Grünen Fraktion debattierte der Landtag an diesem Mittwoch über die sozialpsychiatrischen Dienste in Baden-Württemberg. Anlass war der Jahresbericht 2010 der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg, indem  Informationen zur sozialpsychiatrischen Versorgung in den Stadt- und Landkreisen von Baden-Württemberg abgebildet werden. Die grün-rote Koalition kündigte an, den Zuschuss für die landesweiten sozialpsychiatrischen Dienste in Baden-Württemberg ab 2012 auf rund vier Millionen fast verdoppeln zu wollen. Die schwarz-gelbe Koalition hatte diesen 2003 auf zwei Millionen Euro halbiert.

Ungewohnte Einigkeit herrschte bei den Fraktionen. Alle Abgeordneten dankten den Helfern und Trägern der Sozialen Dienste für ihre Arbeit. Sie dienten unbürokratisch, schnell und in allen Lebenslagen den Menschen, die keine Lobby haben, in dem sie Hilfe vermittelten und die Menschen im Alltag unterstützten.

Abgeordnete besorgt über zunehmende Zahl psychischer Erkrankungen

Besorgt zeigten sie sich die Abgeordneten jedoch über die gesundheitliche Entwicklung. Psychische Erkrankungen seien weiter auf dem Vormarsch und stünden mittlerweile mit zwölf Prozent an vierter Stelle der Krankheiten, die zu Arbeitsunfähigkeit führten.

Eine Stärkung dieser Dienste sei daher „ein gutes Signal für die Humanität der Gesellschaft“, sagte Manfred Lucha (GRÜNE). Denn psychisch Erkrankten sei die Teilhabe an der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt stark erschwert. Das bedeutete für ihre Familienangehörigen oftmals eine Überforderung.

Lediglich acht Prozent der Erkankten können selbst für Lebensunterhalt sorgen

Stefan Teufel (CDU) betonte, dass lediglich acht Prozent der Erkrankten selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen könnten – auch weil der Arbeitsmarkt diese Menschen nicht nachfragte und die Gesellschaft diese Krankheit gleichfalls tabuisieren würde. „Aus Erkenntnis muss Verständnis werden“, so Teufel. Er forderte, dass weitergehende Hilfe angeboten werden müsse, auch in Form von mehr Pflegeplätzen. Die CDU-Fraktion vertrete dabei den Grundsatz, dass ambulante Pflege vor stationärer Pflege stärker betont werden müsse.

Der SPD-Abgeordnete Florian Wahl forderte den Ausbau eines bedarfsgerechten Pflegenetzes, mit ambulanter, wohnortsnaher und stationäre Pflege. Einsparungen in diesen Sozialbereichen führten mitunter zu hohen Folgekosten. Den „falschen Weg“, der damals von der CDU beschritten wurde, gelte es zu beheben. Die Landesregierung stünde vor der Herausforderung eine größere finanzielle Unterstützung für gesundheitliche Prävention zu gewährleisten. Das Land müsste hier koordinieren aber auch finanzieren und die Krankenkassen, Rentenversicherungen und Kommunen mit ins Boot holen.  Jochen Haußmann von der FDP-Fraktion forderte dabei mehr Details von der Landesregierung. Es dürfe sich nicht nur um eine reine Ankündigungsdebatte handeln.

Arbeitsgruppe soll Eckpunkte für ein Gesetz erarbeiten

Sozialministerin Katrin Altpeter will mit einem Landespsychiatriegesetz die bestehenden Strukturen verbessern. „In einem offenen, fairen und vertrauensvollen Dialog werden wir die Eckpunkte für das Landespsychiatriegesetz erarbeiten“, sagte die Ministerin bereits am Vortag bei der Sitzung des Landesarbeitskreises Psychiatrie. „Wir wollen, dass den psychisch kranken Menschen ein zeitgemäßes, an den individuellen Bedürfnissen des Einzelnen ausgerichtetes und vor allem verlässliches Hilfesystem zur Verfügung steht. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt unseres psychiatrischen Handelns.“

Die Liga kam zu dem Ergebnis, dass Im Jahr 2010 rund 23.700 Frauen und Männer von den Sozialpsychiatrischen Diensten in Baden-Württemberg begleitet und betreut wurden. Die Anzahl der Patienten, die im Jahr 2010 Hilfen der Grundversorgung in Anspruch nahmen, sei im Vergleich zu 2006 um 44 Prozent gestiegen. Die Förderpauschalen, die die Leistungen der Grundversorgung abdecken sollten, sind seit 2006 trotz Fallsteigerungen nicht erhöht worden. Nur noch rund ein Drittel der Gesamtpersonalkosten werde von der öffentlichen Hand durch Zuschüsse finanziert.

Quelle/Autor: Christian Siekmann

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9. und 10. November 2011