Debatten im Landtag vom 9. und 10. November 2011

Landtag einig über Nutzung von Trojanern

Stuttgart. Unschuldige Bürger werden in Baden-Württemberg im Internet nicht durch die Polizei ausgespäht. Technische Überwachungssoftware sei im Südwesten ausschließlich zur Verfolgung von Stratätern eingesetzt worden, erklärte Innenminister Reinhold Gall (SPD) an diesem Mittwoch in der Debatte im Landtag. „Die Behauptung, die Polizei nutze illegale Mittel, ist populistisch“, konstatierte Gall. Der Innenminister kündigte an, dass sich […]

Stuttgart. Unschuldige Bürger werden in Baden-Württemberg im Internet nicht durch die Polizei ausgespäht. Technische Überwachungssoftware sei im Südwesten ausschließlich zur Verfolgung von Stratätern eingesetzt worden, erklärte Innenminister Reinhold Gall (SPD) an diesem Mittwoch in der Debatte im Landtag. „Die Behauptung, die Polizei nutze illegale Mittel, ist populistisch“, konstatierte Gall.
Der Innenminister kündigte an, dass sich Baden-Württemberg an einer neuen Software für gezielte Zugriffe auf Rechner und Computer beteiligen werden. Dies ist von der Anfang Dezember tagenden Innenminister-Konferenz geplant. Gall hatte nach Bekanntwerden der so genannten Affäre um den „Bundes-Trojaner“ am 10. Oktober entschieden, die fragwürdige Software bei der Polizei in Baden-Württemberg nicht mehr einzusetzen.  Der Minister berichtete von 1700 Kommunikationsüberwachungen durch die Polizei, in einigen Fällen habe es sich um verschlüsselte Nachrichten gehandelt. „Es darf keine rechtsfreien Räume im Internet geben“, sagte Gall.

Spannungsverhältnis zwischen Strafverfolgung und Schutz der Privatsphäre

Nach Ansicht von Ulrich Goll (FDP) besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Verfolgung von Straftätern und dem Schutz der Privatsphäre. Für die Liberalen sei die Sicherung der Privatsphäre wichtig, auch das Bundesverfassungsgericht habe diese Position bestätigt. Der frühere Justizminister sagte, die Online-Durchsuchung sei deshalb mit Absicht nicht ins Polizeigesetz von Baden-Württemberg aufgenommen worden. Er räumte ein, dass Kommunikation durch die Polizei überwachbar sein müsse. Es bestehe aber die Gefahr, dass dabei nicht bloß die Kommunikation überwacht, sondern „alles Mögliche angeschaut“ werden kann. Goll sprach sich für den Schutz der Rechte aller aus, die sich nichts zuschulden kommen hätten lassen.
Thomas Blenke (CDU) wies darauf hin, dass die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) – die so genannten Trojaner – unter strengen Voraussetzungen zugelassen ist. Die Trojaner würden bloß zur Bekämpfung schwerster Kriminalität eingesetzt. „Dies geschah fünf Mal in Baden-Württemberg“, stellte Blenke fest. Falls Innenminister Gall auf dem Einsatz von Trojanern beharre, sei ihm die Unterstützung der CDU gewiss. Denn bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität müsse die Polizei auf Augenhöhe mit den Kriminellen sein. Blenke forderte, den von Gall verfügten Stopp des Software-Einsatzes „sofort aufzuheben“, denn es gehe um die Sicherheit der Bevölkerung.

Einsatz von Trojanern bloß mit richterlicher Anordnung

Für die Grünen kritisierte Hans-Ulrich Sckerl das „rechtswidrige Verhalten“ einiger schwarz-gelber Landesregierungen. Deshalb solle sich die FDP nicht als Hüter der Bürgerrechte aufspielen. Der vorläufige Stopp der Trojaner im Südwesten sei ein richtiger Schritt. Der Einsatz der Quellen-TKÜ müsse rechtlich einwandfrei erfolgen, also ausschließlich mit richterlicher Anordnung. Auch Sckerl hält dieses Mittel beim Kampf gegen die Schwerstkriminalität für möglich und notwendig.
Nikolaos Sakellariou (SDP) sieht in der Quellen-TKÜ sogar ein „unverzichtbares Mittel“. Da die Ciber-Kriminalität sich noch ausweite, brauche die Poliz dieses Instrument. Der SPD-Abgeordnete begrüßte es deshalb, dass die Quellen-TKÜ im Landtag „kein Streitpunkt“ sei. Er sprach sich gleichzeitig für eine unabhängige Kontrolle aus, möglichst eine staatliche Kompetenzstelle; denn es sei gefährlich, „wenn wir auf private Firmen bei der Entwicklung von Software angewiesen sind“.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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9. und 10. November 2011