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Debatten im Landtag 12. und 13. Oktober 2022

SPD will Entlastungspaket vom Land

Während in Berlin die Diskussion um ein erneutes Entlastungspaket langsam konkrete Formen annimmt, sieht die Mehrheit im Stuttgarter Landtag vorerst keine Notwendigkeit ein Schutzpaket aufzulegen. Erst mal möchte man die Steuerschätzung abwarten.

Der grüne Landesfinanzminister Danyal Bayaz steht einem Hilfspaket aus Landesmitteln erst einmal skeptisch gegenüber. Er will vor einer Entscheidung die Steuerschätzung abwarten.

dpa/Bernd Weißbrod)

STUTTGART. Der Bund hat drei Entlastungspakete beschlossen, das Land will auch weiter kein eigenes auflegen. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) verwies an diesem Mittwoch in einer aktuellen Debatte erneut darauf, dass das Land zunächst die Steuerschätzung abwarten will. Aus Sicht der SPD-Fraktion muss das Land dagegen angesichts steigender Preise für Energie und Lebensmittel Bürger und Wirtschaft stärker unterstützen.

„Ich hoffe, dass ich niemandem in diesem Haus erklären muss, wie ernst die Lage ist“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch am Mittwoch in der von seiner Fraktion beantragten aktuellen Debatte. Stoch zufolge braucht es nun eine gemeinsame Kraftanstrengung. Die Bundesregierung habe bereits „Gewaltiges auf den Weg gebracht“. Das Land müsse dagegen mehr tun, als „nörgeln an den Entscheidungen des Bundes“.

Er verwies auf Niedersachsen, das fast eine Milliarde Euro in Entlastungen investiert habe. So würden Schulmensen finanziell unterstützt, es gebe einen Schutzschirm für Stadtwerke, Hilfen für Tafelläden und existenzbedrohte kleine und mittlere Unternehmen, Studierendenwerke, Sportvereine und Kulturbetrieb. Dafür habe auch Baden-Württemberg die Mittel, sagte Stoch mit Verweis auf die höheren Steuereinnahmen. Er forderte Liquiditätshilfen für die Wirtschaft und Bürgschaften für Betriebe, die keine Energieversorgungsverträge mehr bekommen. Die Betriebe bräuchten jetzt Hilfe, um Arbeitsplätze zu sichern.

Grüne sehen Gefahr der Verfassungswidrigkeit

Für die Grünen wies Markus Rösler die Forderung nach einem eigenen Entlastungspaket des Landes zurück. Zwar seien Entlastungen erforderlich und sinnvoll zugleich. Doch dränge das Entlastungspaket des Bundes in seiner jetzigen Form Länder an den Rand der Verfassung, da sie die Schuldenbremse möglicherweise nicht einhalten könnten. „Wir werden uns beteiligen“, so Rösler. Aktuell gehe man von 3,1 Milliarden Euro vom Land und 1,7 Milliarden von den Kommunen aus. Der Bund müsse allerdings nachbessern, etwa beim Anschlussangebot des Neun-Euro-Tickets. Etwa müsse er die Regionalisierungsmittel erhöhen. Denn egal wie günstig ein Ticket sei, bringe es nichts, wenn das Gleis leer bleibe, weil das Land kostenbedingt Züge abbestellen müsse.

Auch mit Blick auf Niedersachsen verwies Rösler darauf, dass es einfach sei, im Wahlkampf Versprechen zu machen. Doch auch dort wisse man nicht, wie sich die Inflation auswirken werde, und die Entwicklung der Flüchtlingszahlen. Auch mit Blick auf mögliche Tarifsteigerungen gebe es noch unbekannte Kostenpunkte. Dabei müsse die Risikorücklage berücksichtigt werden. Baden-Württemberg werde die Zahlen abwarten.

Keine konkrete Aussage aus Berlin

Auch Ulli Hockenberger (CDU) hält es nicht für zielführend, wenn das Land zum jetzigen Zeitpunkt mit einem eigenen Hilfspaket in die Offensive gehe. Er hätte sich auch eine andere Reihenfolge der Debatten gewünscht, wie er anmerkte. Denn man habe in allererster Linie eine Energiekrise, eine Angebotskrise. Alles was in Betrieb sei, müsse dies bleiben. „Mit entweder oder muss Schluss sein“, sagt er. Es könne nicht sein, an dieser Stelle die Diskussion zu verweigern, „Menschen und Unternehmen brauchen jetzt Aussagen“ Es helfe auch nichts von Milliarden-Hilfen zu sprechen, „wenn die Menschen nicht wissen, was davon bei ihnen ankommt“. Die Ampel in Berlin thematisiere alles, konkretisiere aber nichts. Zum Beispiel mit auf Entlastungen für Krankenhäuser und Stadtwerke.

Auch Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) bekräftigte, dass der Bund am Zug sei. „Was einen Rettungsschirm für Krankenhäuser und Stadtwerke angeht, ist natürlich zunächst einmal der Bund in der Pflicht“, sagte Strobl. Man wolle nun abwarten, was vom Bund kommt. „Davon machen wir auch abhängig, (…) inwieweit wir seitens des Landes dies auch komplementär unterstützen.“

Alle verfügbaren Energiequellen nutzen

Einig ist sich die FDP mit der CDU, das alle verfügbaren Energiequellen genutzt werden müssten. Stephen Brauer warnte die SPD-Fraktion vor einem Überbietungswettbewerb mit dem Bund. Kurz- und mittelfristig würde das nicht helfen. Er riet von unkoordinierten Ausgaben ab.

Für die AfD-Fraktion kritisierte ihr Vorsitzender Bernd Gögel, dass Menschen, die mit Öl oder Strom heizten, nicht entlastet würden. Die Ampel in Berlin liefere Stückwerk, „mit dem die Bürger nicht zufrieden sein können“. Man habe eine Energiekrise, keine Gaskrise. Den Streckbetrieb der Atomkraftwerke müsse man abhaken, es müssten alle verfügbaren AKW wieder in Betrieb genommen werden. Ansonsten riskiere man einen Blackout – „mutwillig“.  Gögel sprach sich weiter für Steuererleichterungen aus, statt staatlicher Subventionen. „Das wäre ohne bürokratische Monster in zwei Wochen umsetzbar.“ 

Bayaz will Steuerschätzung abwarten

Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) pflichtete seinem Parteikollegen Rösler zu. Man müsse nun die Steuerschätzung, die Ende des Monats vorliegen soll, abwarten. Und genauso, welche Kosten durch das Entlastungspaket des Bundes auf das Land zukommen werden. Ohne verlässliche Zahlen könne man keinen seriösen Haushalt aufstellen.

Putin führe einen Wirtschafts-, einen Energiekrieg gegen Europa. Doch stehe man erst am Anfang. Der kommende Winter werde schwierig, doch die Krise werde bis ins Jahr 2024 beschäftigen. „Wir werden lange mit ihren Auswirkungen zu tun haben“, sagte Bayaz. Dafür müsse eine innere Haltung entwickelt werden. „Ja, für solche eine Krise braucht es einen langen Atem, da hilft es nicht, ständig in Schnappatmung zu verfallen.“

Jennifer Reich

Redakteurin Politik und Verwaltung

0711 66601-183

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