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Handyverbot

Ein generelles Handyverbot an Schulen ist vom Tisch

Schulen im Land, die derzeit noch keine Regeln für den Umgang mit privaten digitalen Geräten außerhalb des Unterrichts erlassen haben, bekommen ein Jahr Zeit zur Einführung. Ein generelles Handy-Verbot wird es nach den Plänen von Grünen und CDU damit vorerst nicht geben.

Handygaragen gibt es bereits an vielen Schulen - ebenso wie verbindliche Regeln zur (Nicht-)Nutzung von Handys durch die jeweilige Schulordnung.

dpa/KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)

Stuttgart. Sogar von Timm Kern, früher Gymnasiallehrer, heute bildungspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, kommt verhalten es Lob. Dass die Landesregierung rechtliche Grundlagen für ein Handyverbot an Schulen schaffen und Rechtssicherheit gewährleisten will, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Es sei begrüßenswert, „dass die finale Ausgestaltung eines etwaigen Handyverbots die Schulen jeweils per Schulordnung festlegen können und somit Raum für individuelle Handynutzungskonzepte bleibt“.

Letzteres soll die Schulgesetznovelle ermöglichen. Übereinstimmend sind Sebastian Kölsch und Joshua Meisel , die Vorsitzenden von Landeseltern- und Landesschülerbeirat, der Auffassung, dass vielerorts bereits Regelungen in die Schulordnung aufgenommen worden sind. Meisel berichtet von einer Blitz-Umfrage unter Mitgliedern, bei der keine einzige Schule ohne ein solches Konzept gefunden wurde. „Wir wollen die Heterogenität berücksichtigen und Rechtssicherheit geben“, erklärte Kultusstaatssekretärin Sandra Boser (Grüne) bei der Pressekonferenz nach den Beratungen im Kabinett.

Treffen Schulen keine Regelung, wird das Ministerium einschreiten

Noch vor Beginn der Ferien werden Handreichungen, Formulierungsvorschläge und Musterschulordnungen bereitgestellt. „In der Grundschule braucht es andere Regelungen als im weiterführenden Bereich oder in beruflichen Schulen“, so Boser. Gerade Grundschulen werde das Kultusministerium empfehlen, engere Grenzen zu  ziehen. Sollte sich aus Rückmeldungen ergeben, dass die Spielräume doch zu selten genutzt werden, sieht das Gesetz eine Ermächtigung für das Kultusministerium vor, per Verordnung selber aktiv zu werden.

Der Umgang mit Handys, Tablets oder Smartwatches im Unterricht bleibt Sache der Lehrkräfte. Das müsse jeweils pädagogisch entschieden werden, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der früher selber Lehrer war. Digitale Lern- und Lehrmethoden einzusetzen bleibe richtig, ergänzte Boser, „wir wollen keine Rolle rückwärts“.

Mit der Novelle verbunden ist das Versprechen, für Rechtssicherheit zu sorgen, etwa auf dem Pausenhof, wenn Kinder sich anhaltend mit dem Handy beschäftigen. Lehrkräfte können eingreifen, sollte die „lernförderliche Umgebung“ (Boser) gestört sein. Die Staatssekretärin kündigte einen Rahmen dafür an, welche Handlungen als Störung einzuordnen sind. Gleiches gilt für Ausflüge und Klassenfahrten. Da es bei Regeln zur privaten Handynutzung um Eingriffe ins Eigentum gehe, brauche es eine gesetzliche Regelung, so Kretschmann. 

Haftungsregelungen für jeden Einzelfall lehnt Kretschmann ab

Anders als von Verbänden gefordert, werde es aber keine Haftungsregelungen für jeden Einzelfall geben. Es gehe nicht, auch noch gesetzlich festzulegen, „was im Einzelfall zu tun ist, wenn ein Handy runter fällt, als sei der Mensch nicht in der Lage, das ohne Gesetz zu regeln“. Solche Überregulierung schaffe Bürokratie.

Mehrere Lehrerverbände kritisieren diese Ablehnung. Es müsse geklärt werden, wer hafte, wenn das abgegebene Handy beispielsweise herunterfalle, verlangt der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Gerhard Brand.

Verbände fordern für umfassende Fortbildungen für die Lehrkräfte

Kretschmanns Haltung helfe den Lehrkräften nicht weiter, sagt auch der Chef des Berufsschullehrerverbands, Thomas Speck, „denn sie sehen sich in der Praxis häufig Zahlungsaufforderungen für beschädigte Hardware ausgesetzt und fühlen sich damit alleingelassen“.

Kern, die GEW, der Landeseltern- und der Landeschülerbeirat verweisen auf einen weiteren Aspekt. „Mit gezielter Werteerziehung müssen die jungen Menschen einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren digitalen Geräten lernen“, sagt Kern. Dafür seien „umfassende und regelmäßige Fortbildungen für die Lehrkräfte anzubieten, die Lehrpläne anzupassen und Mediendidaktik bereits in der Lehrkräfteausbildung fest und verbindlich zu verankern. Und es brauche „endlich digitale Hausmeister an Schulen, um Lehrkräfte und Schullei tungen zu entlasten“.

Regelung für Mediennutzung hat eine lange Vorgeschichte

Schon Ende der 1980er-Jahre hat der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) darauf gedrängt, dem Umgang mit Computern auf dem Pausenhof größere Bedeutung beizumessen. Vor 25 Jahren hat die damalige CDU/FDP-Landesregierung dann versprochen, mehr Geld in den Medienkompetenzunterricht zu stecken. Zum Schuljahr 2025/2026 wird in Baden-Württemberg nun an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen das verbindliche Pflichtfach „Informatik und Medienbildung“ starten. Handynutzung ist auch ein Thema.

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