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Hagel gegen Özdemir: Der Zweikampf bleibt ein Fernduell

Cem Özdemir und Manuel Hagel (rechts) treten nicht direkt gegeneinander an und lassen sich nacheinander befragen
xx)Stuttgart. Manuel Hagel und Cem Özdemir: Einer von beiden, das ist so gut wie sicher, wird der neue Ministerpräsident und Nachfolger von Winfried Kretschmann. Doch bislang ist es eher ein Fernduell. Der CDU-Chef reist nahezu pausenlos kreuz und quer durch das Land, der Ex-Bundesminister und Ex-Grünenchef wird dies ebenfalls tun. Doch beim Unternehmertag des Verbandes UBW sind sie gemeinsam aufgetreten.
Mancher hatte ein Duell erwartet, und so stand es auch in der Einladung. Doch offenbar auf Intervention der Gäste befragt Regie die beiden getrennt, sodass es nicht zu einem echten Austausch von Argumenten kommt. Doch sie treten unmittelbar nacheinander auf, und werden ziemlich kritisch von der Journalistin Ursula Weidenfeld befragt.
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Freche Fragen und kritische Moderation
Manuel Hagel macht den Anfang. „Baden-Württemberg muss wieder das Land der Anständigen und Fleißigen werden“, damit beginnt der 37-jährige Ehinger. Ein Satz, den man schon oft von ihm gehört hat. Dann spricht er über Zölle und Handelsschranken als Gefahr für die Exportwirtschaft. Die Moderatorin ermahnt ihn: „Da haben Sie als Ministerpräsident keinen Fuß in der Tür.“
Es ist eine große Bühne, 400 Unternehmer, Politiker und Führungskräfte sind nach Stuttgart ins ikonisch geformte Gebäude Look 21 gekommen, in dem viele Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände sitzen. Eigentlich ein Heimspiel für einen CDU-Politiker, sollte man meinen. Und so kann Hagel auch mit populären Forderungen punkten, etwa zum Bürokratieabbau. „Es muss gelten; one in, two out.“ Für jede Vorschrift, die der Landtag neu erlasse, müssten zwei Ältere wegfallen.
Hagel lobt den eigenen Bürokratieabbau
Der ehemalige Sparkassen-Filialdirektor, der inzwischen nach Kretschmann der mächtigste Mann im Land geworden ist, verweist auf den Bürokratieabbau im Land: „Wir haben es getan.“ So habe es kein Landes-Tariftreue- und Mindestlohngesetz im Land gebeben habe, obwohl das von grüner Seite aus geplant war: „Manchmal ist es auch besser, wenn die Politik nichts tut.“
Schade, dass es keine direkte Antwort von Cem Özdemir dazu gibt. Der wartet im Publikum, bis er später befragt wird. Mit Hagel auf dem Podium steht Bonita Grupp, Geschäftsführerin des Textilherstellers Trigema. „Ich erwarte, dass und die Landespolitik wenigstens keine Steine in den Weg legt“, sagt 35-jährige Firmenchefin und Tochter des Firmenpatriarchen Wolfgang Grupp. Zudem kann sie sich längere Arbeitszeiten und ein späteres Renteneintrittsalter vorstellen.
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Müssen die Deutschen mehr arbeiten?
Die provokante Fragestellung und Grupps Forderungen nötigen Hagel zu klaren Aussagen: „Die Baden-Württemberger vertragen viel mehr Wahrheit, als mache denken.“ Und eine solche Wahrheit sei eben, dass man wieder länger arbeiten müsse. Da schwimmt der Landes- und Fraktionschef ganz in der Linie des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz, (CDU), der dies auch predigt.
Dann schon wieder so eine unangenehme Frage: Wird ein möglicher Ministerpräsident Manuel Hagel im Jahr 2026 eine Sommerpause machen? Der 37-Jährige lächelt das weg: „Die Wahl ist im März, da sind gar keine Ferien.“ Im Übrigen verweist er darauf, dass noch in dieser Woche in Stuttgart der Landtag getagt hat, während in Berlin schon Ferien seien. Da hat er die Lacher auf seine Seite, aber Ursula Weidenfeld behält das letzte Wort: „Aber nur, weil Baden-Württemberg die späten Sommerferien nicht zurückgeben will.“
Wie Manuel Hagel zum Spitzenkandidaten gekürt wurde
Özdemir wird zur Automobilwende befragt
Erster Kandidat, erster Auftritt absolviert. Cem Özdemir folgt und wird gleich doppelt kritisch befragt, von Weidenfeld und Stefan Bürkle, dem frisch gewählten neuen Präsidenten der Unternehmer Baden-Württemberg. Auch der 59-jährige Ex-Agrarminister muss also zum Punkt kommen. „Was machen Sie für den Automobilstandort?“, fragt Stefan Bürkle, der neu gewählte Chef der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW). Özdemir verweist darauf, dass das Verbrennerverbot von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen komme: „Die ist meines Wissens schwarz, wie auch der Kanzler.“ Aber ja, fragt Weidenfeld: Haben die Grünen nichts mit der Energiewende zu tun? Beide Kandidaten kommen hier also nicht mit Floskeln durch.
Özdemir versucht es mit einem Plädoyer für die Batterie als neue Antriebstechnik des Automobils: „Wir müssen alles tun, dass die Batteriefertigung im Land bleibt.“ Etwa durch Förderprogramme. Das Auto der Zukunft sei ein „rollendes iPhone“.
Wie Cem Özdemir zum Spitzenkandidaten gekürt wurde
Kritik an der eigenen, grün-geführten Regierung
Und er kritisiert durchaus mal die eigene, grün-geführte Landesregierung, wenn es etwa um 400 unübersichtliche Förderprogramme gibt, die der Normenkontrollrat bemängelt. „Es braucht eine Erfolgsgarantie“, sagt Özdemir. So ganz ist das aber nicht sein Format, zumal der Ton bei beiden Kandidaten nicht optimal ist.
Es geht um die Förderung der Meister im Handwerk, Özdemir verweist bei den steigenden Stromkosten auf Bayern: „Markus Söder hat durchgesetzt, dass die Kabel für die Südlink-Trasse unterirdisch verlegt werden müssen.“ Das könnte man wenigstens für den Rest der Trasse verhindern. Mit einem Scherz kann auch er punkten: „Ich war doppelter Minister, aber nur ein Gehalt, eine schwäbische Lösung.“ Auf die Frage nach möglichen Koalitionen weicht Özdemir trotz Nachbohren aus, mahnt Fairness im Wahlkampf an: „Man sollte sich nicht am Tag nach der Wahl entschuldigen müssen.“
Beide vermeiden das direkte Duell
Nun sind die beiden Kandidaten eingezogen in ein Korsett von getrennter Moderation, auch hier hätte man gerne eine Antwort von Manuel Hagel gehört. Offenbar wollten beide Kampagnen die Trennung der Befragung. Aber in gewisser Weise passt es zu diesem Wahlkampf, in dem beide Kandidaten noch nicht so richtig greifbar sind. Özdemir hat sich eben erst von Berlin nach Stuttgart umgesiedelt und muss in der Landespolitik ankommen, und Hagel vermeidet gerne allzu konkrete programmatische Festlegungen. Es ist ja auch erst Vorwahlkampf, im Sommer machen beide eine Sommertour, aber auch noch eine kleine Verschnaufpause.
Umfrage: Wer liegt vorn?
Der neuste BW-Check von Allensbach und den Tageszeitungen zeigt, dass nur zehn Prozent der Befragten an, Manuel Hagel mit 37 Jahren für zu jung halten. Nur jeder fünfte Befragte gab aber an, von Hagel schon mal gehört oder gelesen zu haben. Özdemir, kennt dagegen die große Mehrheit von 80 Prozent der Befragten. Bei einer Direktwahl würden 32 Prozent für Özdemir und 27 Prozent für Hagel stimmen. Bei der kleinen Gruppe derjenigen, die beide kennen, liegt Hagel mit 44 zu 36 Prozent vorne.