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Innenausschuss

Krawalle in Biberach: Innenminister Strobl stellt sich vor die Polizei

Hat die Polizei beim politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach die Lage falsch eingeschätzt? Innenminister Strobl sagt nein. Der grüne Koalitionspartner sieht die Sache deutlich kritischer.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist der Ansicht, dass die Polizei beim politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach richtig gehandelt hat.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. In öffentlicher Sitzung hat sich der Innenausschuss des Landtags am Mittwoch mit den Krawallen befasst, die vor einer Woche zur Absage des politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach geführt hatten. Dabei wurde deutlich, dass innerhalb der grün-schwarzen Koalition Meinungsunterschiede bestehen.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) stellte sich vor die Polizei. Es habe keine konkreten Hinweise gegeben, dass es zu Krawallen kommen würde. Mit anfänglich 90 Polizisten sei man bei den Grünen deutlich präsenter gewesen als an den anderen vier Standorten im Land, an denen Aschermittwochsveranstaltungen stattfanden: Bei CDU, SPD, FDP und AfD seien jeweils nur zwei bis vier Polizisten vor Ort gewesen.

„Ich stehe voll hinter der Planung der Polizei“, sagte der Innenminister und wies daraufhin, dass weitere Einheiten angefordert worden seien, als sich die Lage zuspitzte. Zuletzt hätten sich 200 Polizeibeamte in Biberach befunden.

Strobl: Kritik spricht dafür, „dass die Polizei nicht alles verkehrt gemacht hat“

Die Veranstaltung selber sei von den Grünen abgesagt worden, nicht von der Polizei. Sie hätte aus Sicht des in der Biberacher Stadthalle anwesenden Polizeiführers sogar stattfinden können. Ein geordneter Einlass wäre möglich gewesen. Allerdings hätte sich der Beginn durch Personenkontrollen verzögern können.

Die Bandbreite der Kritik spreche eher dafür, „dass die Polizei nicht alles verkehrt gemacht hat“. Denn einerseits werde ihr vorgeworfen, dass sie zu passiv gewesen sei, andere sagten, sie sei „zu robust, geradezu martialisch“ vorgegangen.

Das Polizeipräsidium Ulm habe unterdessen eine 20-köpfige Ermittlungsgruppe gebildet, die unter der Leitung des Staatsschutzes die Gesetzesverstöße aufklären soll. Unter anderem wird den Demonstranten schwerer Landfriedensbruch, Gewalt gegen Polizisten, Sachbeschädigung und Sprengstoffbesitz vorgeworfen. Unter den Störern hätten sich Mitglieder der Reichsbürger- und Querdenkerszene befunden.

Das Innenministerium werde Konsequenzen aus den Krawallen ziehen. Anfang März werde im LKA eine Informationsstelle eingerichtet, um Erkenntnisse zu bündeln. In Zukunft werde ein Landeslagebild erstellt. Die Maßnahmen werden auch deshalb ergriffen, um Veranstaltungen der Parteien für die Europa- und die Kommunalwahl zu schützen.

Oliver Hildenbrand, der innenpolitische Grünen-Sprecher der Grünen im Landtag, warf der Polizei vor, zu wenig Kräfte vor Ort gehabt und zu langsam reagiert zu haben, als sich die Zuspitzung abzeichnete. Außerdem beklagte er die unzureichende Ausrüstung: Viele Polizisten hätten Wollmützen getragen, nur wenige eine Schutzausrüstung.

Auch sein SPD-Kollege Sascha Binder übte Kritik am Innenminister und an der Landespolizei. „Sie haben es nicht geschafft, die Veranstaltung einer demokratischen Partei stattfinden zu lassen“, sagte er. Es genüge nicht zu versprechen, dass so etwas nicht mehr passieren darf. „So etwas hätte sich in Baden-Württemberg nie ereignen dürfen.“

Binder wird ironisch: „Sie trifft keine Schuld, Sie haben keine Fehler gemacht“

Er warf dem Innenminister eine Verdrehung der Tatsachen vor und formulierte ironisch: „Sie trifft keine Schuld, Sie haben keine Fehler gemacht. Am Ende waren es die Grünen, die sich nicht getraut haben, eine Veranstaltung zu veranstalten.“

Julia Gall (FDP) sprach von einer „reflexhaltigen Abwehrhaltung“, wenn die Polizei jetzt die Ereignisse so darstelle, als sei alles bestens gewesen. „Wir kommen damit nicht weiter“, sagte die Liberale und forderte eine positive Fehlerkultur.

Daniel Lindenschmid (AfD) verwies darauf, dass seine Partei, was den Grünen jetzt widerfahren ist, seit ihrer Gründung kennt.  2016 etwa hätten 1000 Gewalttäter versucht, einen AfD-Parteitag in Stuttgart zu verhindern. 2023 seien bei einem Parteitag in Offenburg 53 Polizisten verletzt worden.

Daniel Karrais (FDP) warnte in diesem Zusammenhang davor, dass die Situation beim AfD-Parteitag am Wochenende in Rottweil erneut eskalieren könnte. „Wir wollen nicht am Montag in der Zeitung lesen, die Polizei sei machtlos gewesen.“

Michael Schwarz

Redakteur Politik und Verwaltung

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