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Untersuchungsausschuss Polizeiaffäre

„Der Minister hat gesagt wen er will und erst dann begann das Verfahren“

Wie gelangt man in Spitzenpositionen der Polizei? In stundenlanger Kleinarbeit hatte die Opposition im Untersuchungsausschuss versucht, Details zu erhellen. Auch Oliver Hildenbrand (Grüne) sprach von nebulösen Vorgängen und einer verwunderlichen Beförderungspraxis.

Wilfried Klenk (CDU), Staatssekretär im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, sitzt im Landtag im Plenarsaal als Zeuge in einem Untersuchungsausschuss.

dpa/ dpa | Bernd Weißbrod)

STUTTGART. Innenminister Thomas Strobl hat noch vor zwei Jahren in seinem Haus eindeutig Position für den inzwischen vom Dienst suspendierten Andreas Renner als Inspekteur der baden-württembergischen Polizei bezogen. Er habe auch erklärt, dass er ein „rechtskonformes Verfahren“ wegen der gegen Renner erhobenen Vorwürfe erwarte, so die Aussage von Dietrich Moser von Filseck, dem früheren Leiter des Personalreferats in der achten Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses „IdP & Beförderungspraxis“.

In stundenlanger Kleinarbeit hatte die Opposition am Montag versucht, Details zur Besetzung von Spitzenpositionen bei der Polizei zu erhellen. „Der Minister hat gesagt, wen er will“, kritisierte die FDP-Obfrau im Ausschuss Julia Goll, „und erst dann begann das Verfahren.“ Strobls Ziel sei formuliert worden, so SPD-Obmann Sascha Binder, „und das musste dann erreicht werden.“ Nicht die Regeln seien das Problem, sondern wie diese Regeln „nachdrücklich auf Geheiß des Ministers missbraucht und hintergangen wurden, und jetzt haben wir den Salat“. Für die AfD sprach Hans-Jürgen Goßner von einer internen Einigung auf einen Wunschkandidaten, und erst danach habe die Beurteilung stattgefunden.

Kandidaten standen in Querlisten

Unter anderem ging es in der Ausschusssitzung um Querlisten mit Namen von Kandidaten. „Das sind Exceltabellen zu Beförderungslagen“, so der Staatssekretär im Innenministerium Wilfried Klenk (CDU), der als erster Zeuge vernommen wurde. Moser von Filseck stellte derartige Listen als notwendig in der Personalplanung dar. Deutlich wurde diese Praxis auch bei der Besetzung des Vizepräsidenten im Landeskriminalamt (LKA) 2019, ebenfalls mit Renner, noch ehe der weiter aufstieg. Denn der Kandidat hatte weder die beste Benotung, nach war er Favorit des LKA-Präsidenten, so Moser von Filseck, der mehrfach versuchte, entsprechende Nachfragen in den nicht-öffentlichen Teil der Beratungen zu verlegen, damit aber scheiterte. Am Ende des Auswahlverfahrens blieb dennoch nur noch Renner übrig, der diesen Zwischenschritt auch brauchte, um überhaupt IdP werden zu können. „Das ist also Ihre Bestenauslese“, wandte sich Binder an Moser von Filseck.

Auch Christiane Staab, die CDU-Obfrau im Ausschuss, sieht weiteren Aufklärungsbedarf und nickte auf der abschließenden Pressekonferenz sogar mehrfach, während der Kritik der Opposition. Oliver Hildenbrand (Grüne) sprach von nebulösen Vorgängen und einer verwunderlichen Beförderungspraxis. Viele Fragen müssten beantwortet werden, allen voran: „Wie lassen sich die Blitzkarrieren erklären.“

Termine bis Sommer 2023

Erstmals befasste sich der Ausschuss in der letzten Sitzung in diesem Jahr intensiver mit dem Thema sexuelle Belästigungen innerhalb der Polizei. Klenk sieht keine Notwendigkeit, weitere Anlaufstellen für Betroffene zu schaffen. Eher müssten die Strukturen nachkorrigiert werden, „statt eine zehnte, eine elfte oder eine zwölfte Stelle zu schaffen“.

Renner wird vorgeworfen, vor einem Jahr eine Polizeibeamtin sexuell belästigt zu haben. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat deshalb kürzlich Anklage gegen ihn erhoben. Insgesamt sind inzwischen 44 Zeugen und Zeuginnen benannt. Vor allem die CDU hatte auf ein zügiges Ende der Aufklärungsarbeit gehofft. Tatsächlich sind bis zum Sommer 2023 Termine vorgesehen und auch Experten der Regierungsfraktionen gehen davon aus, dass der Ausschuss das ganze kommende Jahr tagen wird.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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