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Debatten im Landtag vom 26. Oktober 2022

Opposition im Landtag scheitert mit Entlassungsantrag – Strobl bleibt im Amt

Der Entlassungsantrag von SPD und FDP ist gescheitert. Somit bleibt Innenminister Strobl im Amt. Laut Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sei der Antrag „unseriös und vor allem völlig unbegründet“. Auch Kretschmann will an Strobl als Minister festhalten.

Andreas Schwarz (links), Grünen-Fraktionsvorsitzender und Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Abstimmung über den Entlassungsantrag von Innenminister Strobl.

dpa | Marijan Murat)

STUTTGART. Mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit erklärt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) seine Entschlossenheit, weiter an Innenminister Thomas Strobl (CDU) festzuhalten. Diese habe „in unserer Zivilisation immer segensreicht gewirkt“, so Kretschmann in der Landtagsdebatte über den Entlassungsantrag von SPD und FDP. Aus diesem Grund sei er „ein entschiedener Gegner von jedem moralischen Furor und von jedem moralistischen Scharfrichtertum“. In namentlicher Abstimmung wurde der Antrag, der nur bei einer Zwei-Drittel-Mehrheit erfolgreich gewesen wäre, mit 52 Ja-, bei 92 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt.

Weiterhin gegensätzlich wird das Verhalten Strobls beurteilt. SPD und FDP sehen in der Weitergabe des Anwaltsschreibens an Strobls Ministerium im Disziplinarverfahren gegen den ranghöchsten Polizisten im Land wegen des Vorwurfs der sexueller Belästigung an einen einzigen Journalisten weiterhin einen strafrechtlichen Verstoß. Zudem werfen sie dem Innenminister vor, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft über Monate behindert zu haben, weil er erst nach einem weiteren Zeitungsbericht öffentlich machte, den Brief selber weitergegeben zu haben.

„Was muss ein Minister tun, damit Sie ihn entlassen?“

Auch dass Strobl die erforderliche Genehmigung für Ermittlungen wegen Geheimnisverrat gegen das Ministerium und ihn selbst nicht erteilt hatte, wurde von SPD und FDP kritisiert. „Was muss ein Minister tun, damit Sie ihn entlassen?“, fragte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch den Ministerpräsidenten und beklagte, wie Strobl über Monate die Öffentlichkeit getäuscht habe. Rülke zitierte aus einer Stellungnahme der größten Polizeigewerkschaft, in der es wörtlich heiße: „Wäre Minister Strobl ein Auszubildender bei der Polizei, würde man sofort die Entlassung wegen berechtigter Zweifel an der charakterlichen Eignung verfügen.“ Für den Ministerpräsidenten brauche aber offenbar nur ein Polizei-Azubi Charakter, seine Kabinettsmitglieder dürften hingegen „gerne auch mal charakterlos sein“.

Kretschmann, der nur am Rande auf Details der „Brief-Affäre“ einging, nutzte hingegen die Gelegenheit, um seinem Stellvertreter persönlich zu danken dafür, dass „Sie, lieber Herr Minister Strobl, Tag für Tag dafür arbeiten, die Polizei und unsere Sicherheitsbehörden stark aufzustellen“. Die größte Einstellungsoffensive bei der Polizei in der Geschichte des Landes sei gestartet mit der Einstellung von über 10.000 jungen Menschen seit 2016, die Ausstattung der Polizei massiv verbessert mit flächendeckende Einführung der Bodycam, 16 hochmodernen Führungs- und Lagenzentren, mit seit 2019 knapp sieben Millionen Euro für Digitalisierung, Kriminaltechnik und Künstliche Intelligenz. Er arbeite mit dem Innenminister eng und vertrauensvoll zusammen und „das ist gerade in einer Zeit tiefer Krisen ein hohes Gut“.

Schwarz: Antrag sei unseriös

Auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz ging nicht auf die Forderung der Opposition ein, selber den Umstand zu bewerten, dass Strobl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft über Monate verhindert habe. Für seine Fraktion stehe der Vorwurf der sexuellen Belästigung gegen den ranghöchsten Polizisten des Landes im Vordergrund und dass dieser „nicht auf dem kleinen Dienstweg zu klären“ sei. Der Antrag von SPD und FDP sei „unseriös und vor allem völlig unbegründet“.

Für die AfD verlangt Hans-Jürgen Goßner dagegen ebenfalls die Entlassung. „Hätten sie einen Funken Verantwortungsbewusstsein, wären Sie von sich aus zurückgetreten“. Jeder Normalbürger müsse sich fragen, ob der Minister einfach nur zu viel Geld oder doch Zweifel an seiner Unschuld habe und das Angebot der Staatsanwaltschaft deshalb. Der Innenminister selber äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.

Beschlossen bereits vor Beginn der Plenardebatte wurde, dass der Untersuchungsausschuss auf seiner nächsten Sitzung am 21. November zuerst jenen Journalisten hört, dem der Innenminister das Anwaltsschreiben zur Berichterstattung weitergegeben hat, und danach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), unter anderem dazu, wie von Strobl über das Angebot von der weiteren Verfolgung abzusehen, unterrichtet worden ist.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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26. Oktober 2022