Debatten im Landtag vom 12. und 13. November 2014

Opposition attackiert Regierung wegen Doppelhaushalt

Stuttgart. Der von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) vor einer Woche in den Landtag eingebrachte Doppelhaushalt 2015/2016 der Landesregierung  sorgte für einen harten Schlagabtausch zwischen der Opposition und den Regierungsfraktionen. In der ersten Beratung des Staatshaushaltsplans attackierte CDU-Fraktionschef Peter Hauk am Mittwoch die Schuldenpolitik von Grün-Rot. Damit haushalte die Regierung zu Lasten kommender Generationen, […]

Stuttgart. Der von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) vor einer Woche in den Landtag eingebrachte Doppelhaushalt 2015/2016 der Landesregierung  sorgte für einen harten Schlagabtausch zwischen der Opposition und den Regierungsfraktionen. In der ersten Beratung des Staatshaushaltsplans attackierte CDU-Fraktionschef Peter Hauk am Mittwoch die Schuldenpolitik von Grün-Rot. Damit haushalte die Regierung zu Lasten kommender Generationen, deren Zukunft verbaut werde, kritisierte er. Trotz sprudelnder Steuereinnahmen will die Regierung im kommenden Jahr will die Regierung neue Kredite in Höhe von 768 Millionen Euro aufnehmen. Im Wahljahr 2016 will Grün-Rot dann ohne neue Schulden auskommen.
Hauk warf deshalb dem Finanzminister Versagen auf der ganzen Linie und in vielen Bereichen der Bildung- und Wirtschaftspolitik vor. Grün-Rot schütte das Füllhorn über Baden-Württemberg aus, weil die Fraktionen sonst einen Aufstand in der Bevölkerung befürchten. „Sie trauen den Menschen nichts zu und sind die Besserwisser“, schimpfte der CDU-Politiker. Als „Skandal, der zum Himmel schreit“, bezeichnete Hauk die Tatsache, dass die Regierung sich neben den neuen Schulden auch noch „Altermächtigungen in Milliardenhöhe“ genehmige. Diese Trickserei sei der Gipfel der Unverschämtheit. In der Bildung habe Grün-Rot nur „Chaos pur“ vorzuweisen und betreibe „Gesinnungs-Schulentwicklung“; er kritisierte auch die Eingriffe in die Beamtenschaft sowie die Mängel in der Inneren Sicherheit durch die stark zunehmende Zahl von Einbrüchen.

FDP: verheerender Schönwetterhaushalt

FDP-Fraktionschef Hans Ulrich Rülke sprach von einem „mittel- bis langfristig verheerenden Schönwetterhaushalt“ sowie von „Taschenspielertricks“. Schmid sei der „größte Verbalsparer“ und Haushaltskonsolidierung laufe bei ihm nur über die Einnahmenseite. „Höhere Einnahmen, höhere Ausgaben, mehr Schulden“, sei sein Credo. Der Liberale warf dem Minister vor, keinerlei Vorsorge für den Fall des „kleinsten konjunkturellen Einbruchs“ getroffen zu haben. Die mittelfristige Finanzplanung entlarve auch eine Wählertauschung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, dann Grün-Rot habe nur vor, 2016 ohne neue Schulden auszukommen, aber danach wieder fleißig Kredite aufzunehmen, und zwar 20790 Millionen 2017, 238 Millionen 2018 und 180 Millionen 2019. Zu wichtigen Fragen wie den Finanzbeziehungen des Bundes und der Länder, dem Länderfinanzausgleich, der Steuerautonomie oder der Reform der Vermögens-, Grund-, Einkommens- und Körperschaftssteuer schweige sich der Haushalt aus. Auch der Öffentliche Dienst tauche bei Schmid nicht auf. Rülke kündigte an, im Rahmen der Haushaltsberatungen konkrete Vorschläge machen zu wollen.
Minister Schmid verteidigte dagegen seinen Haushaltsentwurf. Grün-Rot erreiche in der laufenden Legislaturperiode dreimal eine Netto-Null im Etat – genau so häufig wie die von der CDU regierten Landesregierungen in knapp 50 Jahren. Der Staatshaushaltsplan stelle Transparenz her, den Vorwurf der Wahlgeschenke im Hinblick auf die Landtagswahl 2016 wies Schmid zurück. Stattdessen werde Grün-Rot den eingeschlagenen Weg des Dreiklangs „Konsolidieren, Sanieren und Investieren“ weiter gehen. Der SPD-Politiker räumte ein, dass zwar in den Jahren 2017 und 2018 ein Handlungsbedarf von 1,5 Milliarden Euro bestehe, aber dennoch auch in diesen Jahren die Nullverschuldung erreicht werden könne, „wenn’s irgendwie geht“. Zu den sprudelnden Steuereinnahmen bemerkte der Minister, Rekordsteuer-Einnahmen seien der Normalfall. Grün-Rot arbeite die Erblasten von CDU/FDP auf, beispielsweise durch eine funktionierende Steuerverwaltung und verlässliche Partnerschaften mit den Kommunen. Er warf der Opposition vor, nur „entweder falsch in der Sache oder mit Mangel an Vorschlägen“ zu hantieren.

Grüne: Verdreifachung der Mittel für Kindertagesstätten

Für die Grünen konstatierte die Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann, die Regierung mache Politik, „die vor Ort ankommt und den Menschen nützt“. Als positive Beispiele für die Arbeit von Grün-Rot nannte sie die Verdreifachung der Mittel für Kindertagesstätten, die Einführung des Regelangebots der Ganztagesbetreuung an den Grundschulen, die Investitionen in den Bau und die Sanierung von Straßen und Brücken, den Hochschulfinanzierungsvertrag sowie den Bau und die Sanierung von Krankenhäusern. Außerdem seien 2,6 Milliarden Euro mehr in den Pensionsfonds geflossen. „Baden-Württemberg gehört zu den Bundesländern mit den besten Aussichten auf Einhaltung der Schuldenbremse“, sagte Sitzmann. Von 2020 an dürfen die Länder laut Grundgesetz keine neuen Schulden mehr machen. Derzeit hat Baden-Württemberg rund 45 Milliarden Euro Schulden.  
Claus Schmiedel verwies in seiner Rede auf eine Umfrage, wonach drei von vier Baden-Württembergern überzeugt davon sind, dass sich der Südwesten „in die richtige Richtung“ entwickle. „Da ist es für die Opposition schwer, Treffer zu landen, und das Schuldenthema in die richtige Relation zu setzen“, sagte der SPD-Fraktionschef. Er wies die Kritik von CDU und FDP zurück und blies angesichts der „Altlasten“ zum Gegenangriff: „Sie sind der Schuldentreiber von Baden-Württemberg und sonst niemand.“ Die Haushaltsplanung bezeichnete er als „sehr seriöse und langfristig orientiert“, es gebe im Doppelhaushalt auch Einsparungen von 900 Millionen Euro.  Außerdem stünden den Kreditaufnahmen auch Rücklagen in Höhe von 2,7 Milliarden Euro gegenüber.

Schmiedel fordert von CDU Sparvorschläge

Schmiedel forderte die CDU auf, die Karten auf den Tisch zu legen, wo gespart werden soll. Durch die Politk von Grün-Rot seien derzeit 10 000 Lehrer mehr an den Schulen als von der CDU/FDP-Vorgängerregierung geplant. Außerdem seien die Zuschüsse an die Volkshochschulen verdoppelt worden und die Mittel für die Verkehrsinfrastruktur erheblich erhöht worden. Außerdem sei Grün-Rot ein „verlässlicher Partner“ der Kommunen. Der SPD-Politiker räumte Fehler in der Flüchtlingspolitik ein; man habe sich an (den zu niedrigen) Prognosen orientiert. Dennoch stünden im Land jetzt mehr als 5000 Plätze zur Verfügung.
Aufregung brachte Hauk in die mehrstündige Debatte, in dem er der Regierung vorwarf, abgelehnte Asylbewerber und Ausländer ohne Bleiberecht nicht umgehend abzuschieben. Von 14 376 ausreisepflichtigen Menschen seien 2013 nur 975 zurückgeführt worden. „Missbrauch vergiftet das politische Klima. Wenn Sie nicht die Zügel bei der Rückführung anziehen, werden Sie eine Missbrauch-Diskussion haben. Sie spielen mit dem Feuer“, sagte Hauk. Schmiedel entgegnete, die Zahl der Zurückgeführten sei in Baden-Württemberg nicht niedriger als in CDU-regierten Bundesländern. Schmid sagte, der Land bekenne sich klar zur humanitären Verantwortung.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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