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Bürgermeister im Kreistag

Wo Rathauschefs als Anwälte ihrer Kommunen agieren 

Das Interesse von Oberbürgermeistern und Bürgermeistern an einem Kreistagsmandat scheint ungebrochen. Zu verlockend ist die Chance, im Kreis auf Themen zugunsten der eigenen Kommune einzuwirken. Also drängeln sich Rathauschefs auf den Wahllisten.

Im Landkreis Lörrach sollen die vier Krankenhäuser in Schopfheim, Rheinfelden und in Lörrach (zwei davon in der Bildcombo zu sehen) zu einem neuen Zentralklinikum zusammengeführt werden. Für Bürgermeister dieser Kommunen wäre es sehr interessant, als Kreisrat über solche Fusionen mitzubestimmen.

dpa/Patrick Seeger - Bildbeschnitt verändert)

Stuttgart. Sie stellen jetzt schon eine typische und gleichzeitig bedeutende Berufsgruppe in den Kreistagen: die Phalanx der Bürgermeister der Landkreisgemeinden, die auf der Kreisebene die Geschicke mitbestimmen. Eine Sichtung verschiedener Listen bei den kommenden Kreistagswahlen am 9. Juni lässt erahnen, dass das Streben von Bürgermeistern in die Kreistage nicht nachgelassen hat.

Bürgermeister sind wie alle anderen Bürger wählbar

Kommunalwahlgesetz und Gemeindeordnung machen keine Einschränkungen. Bürgermeister besitzen bei Kreistagswahlen wie alle anderen wahlberechtigten Kandidaten auch das passive Wahlrecht. Nur ein einziges Amt können sie nicht mehr ausüben.

Bürgermeister wollen mitentscheiden

Anreiz zur Kandidatur vieler Bürgermeister ist die Idee, bei wichtigen Entscheidungen des Landkreises, die auch die eigene Kommune betreffen können, mitdiskutieren und mitentscheiden zu können. Das beginnt bei der Höhe der Kreisumlage, die Kommunen an den Kreis entrichten. Sie muss einerseits hoch genug sein, damit die Landkreisverwaltung laufende Aufgaben bewältigen kann. Andererseits darf sie nicht so hoch sein, dass sie den Kommunen jegliche Luft zum Atmen nimmt. Hier haben Bürgermeister eine wichtige Scharnierfunktion zum Landrat, kennen sie doch bestens die finanzielle Situation in ihrer Kommune.

Wo soll die Berufsschule hin?

Wichtig kann für Bürgermeister aber auch sein, bei der Entscheidung über größere Investitionen mitzumischen, etwa beim Bau einer neuen Berufsschule in Trägerschaft des Landkreises. Spätestens bei der Frage, wo eine solche Schule gebaut wird, könnte sich für einen Bürgermeister ein Stimm- und Sprechrecht im Kreistag auszahlen.

Rund um Stockach wollen Bürgermeister in die Kreistage

Vor allem für neu gewählte Bürgermeister ist der Sitz im Kreistag hilfreich. In Stockach und in umliegenden Gemeinden gibt es mehrere Bürgermeister, die erst nach der vergangenen Kreistagswahl 2019 ins Amt gekommen sind und die nun ein Mandat im Konstanzer Kreistag erringen wollen. In diese Gruppe gehören Susen Katter  aus Stockach , Stefan Keil  aus Orsingen-Nenzingen und Thorsten Scigliano, Bürgermeister von Mühlingen. Die parteilosen Rathauschefs treten auf der Liste der Freien Wähler an. Christoph Stolz aus Bodman-Ludwigshafen versucht es als Parteiloser auf dem CDU-Ticket.

Parteilose Bürgermeister versuchen es bei den Freien Wählern und der CDU

Bürgermeister ohne Parteibindung finden sich vor allem auf den Listen der Freien Wähler und der CDU. Beide politischen Kräfte sind in den Kreistagen traditionell stark vertreten. Im Landkreis Rastatt zieht es die Bürgermeister aus dem Murgtal geschlossen in den Kreistag. Und für manche Oberbürgermeister aus Mittel- oder Oberzentren ist es fast schon eine Art Pflicht, anzutreten.

Kreistagsmandat gehört für manche Bürgermeister zum guten Ton

So streben etwa Oberbürgermeister Martin Gruner (parteilos) aus Waldshut-Tiengen in das Zentralorgan des Landkreises Waldshut, ebenso der Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) in den Böblinger sowie der parteilose Oberbürgermeister René Pöltl aus Schwetzingen für die Freien Wähler in den Kreistag des Rhein-Neckar-Kreises nach Heidelberg. Die Besonderheit bei Pöltl ist, dass er bei der OB-Wahl im September nicht mehr antritt und dann nur Kreisrat wäre.

Skepsis gegenüber der Doppelrolle

Seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur für den Kreistag hat der parteilose Bürgermeister Christian Huber aus Willstätt (Ortenaukreis) erklärt. Für ihn fehlt laut seiner Mitteilung der inhaltliche Zusammenhang zwischen dem Bürgermeister- und dem Kreisratsamt. „Die beiden Ämter sind unabhängig voneinander und in der jetzt zurückliegenden Kreistagsperiode hat es keine Entscheidung des Kreistags gegeben, in der diese Doppelrolle zwingend erforderlich gewesen wäre“, sagt er. Für den guten Draht zum Landkreis sei eine Mitgliedschaft im Kreistag keine Voraussetzung.

Kandidatur macht Posten im Wahlausschuss unmöglich

Bürgermeister sind kraft Amtes bei Kommunalwahlen Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses und schauen, dass die Wahlen ordnungsgemäß ablaufen. Wer aber selbst bei der Kreistagswahl antritt, kann kein Wahlorganisator sein. Ein Rathauschef wäre Kandidat in einem Wahlbezirk, für den er als Vorsitzender des Wahlausschusses zuständig wäre, eine klassische Befangenheitssituation, die das Kommunalwahlgesetz ausschließt. Stattdessen übernehmen in größeren Orten Beigeordnete den Vorsitz, in kleineren Orten der Hauptamtsleiter.

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