Debatten im Landtag vom 15. und 16. Oktober 2014

Neues Gesetz stärkt Rechte von psychisch kranken Patienten

tuttgart. Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) hat am Donnerstag das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) in den Landtag eingebracht. Es soll die Hilfen für Patienten und die Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten besser regeln. Die Besonderheit daran: Der Entwurf ist mit Bürgerbeteiligung zustande gekommen. Der Gesetzestext wurde schon während des Anhörungsverfahrens im Internet auf der Beteiligungsplattform der Landesregierung und der […]

tuttgart. Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) hat am Donnerstag das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) in den Landtag eingebracht. Es soll die Hilfen für Patienten und die Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten besser regeln.
Die Besonderheit daran: Der Entwurf ist mit Bürgerbeteiligung zustande gekommen. Der Gesetzestext wurde schon während des Anhörungsverfahrens im Internet auf der Beteiligungsplattform der Landesregierung und der Homepage des Sozialministeriums veröffentlicht. Bürger konnten so noch vor Abschluss der Gesetzes-Formulierung ihre Meinung äußern. „Vieles konnte noch im Rahmen der Anhörung berücksichtigt werden“, erklärte Altpeter in erster Lesung.
Der Grünen-Abgeordnete Manfred Lucha, seit 30 Jahren beruflich in der psychiatrischen Versorgung der Region Bodensee-Oberschwaben tätig, sagte fast gerührt: „Dass ich das noch erleben durfte.“ Er bezeichnete den Gesetzentwurf euphorisch als „das beste und ambitionierteste Gesetz in ganz Europa“. Es werde Menschen ermutigen, sich zu ihren psychischen Krankheiten zu bekennen. Dies sei notwendig, erkrankt doch nach Luchas Aussage „jeder dritte Mensch im Leben behandlungsbedürftig“. Das Gesetz soll auch die Rehabilitation für psychisch kranke Täter im Maßregelvollzug verbessern.
Das Gesetz sieht im ersten Teil Hilfen für psychisch kranke Menschen vor. Altpeter sieht darin Verbesserungen im Hilfenetz und eine Stärkung psychisch Kranker und ihrer Angehörigen. Bisher gab es zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung lediglich den Landespsychiatrieplan. Nun werden verschiedene Institutionen erstmals gesetzlich geregelt, darunter die sozialpsychiatrischen Dienste, die gemeindepsychiatrischen Verbünde, die Patientenfürsprecher, komplett neue Informations-Beratungs- und Beschwerdestellen sowie Besuchskommissionen in Unterbringungs- und Maßregelvollzugseinrichtungen.

Ziel ist, die Allgemeinheit vor psychisch kranken Straftätern zu schützen 

In den zweiten Teil des neuen Gesetzes wurde die öffentlich-rechtliche Unterbringung bei Fremd- oder Selbstgefährdung integriert, die bisher im Unterbringungsgesetz geregelt ist. Der durch den Fall Mollath in den Fokus der Öffentlichkeit gerückte Maßregelvollzug, der bisher rudimentär in einer Verwaltungsvorschrift des Unterbringungsgesetzes geregelt ist, erhält jetzt einen gesonderten Abschnitt im Gesetz. „Ziel ist, die Allgemeinheit weiterhin optimal vor psychisch kranken Straftätern zu schützen. Zugleich muss den erkrankten Tätern, die im Zustand der Schuldunfähigkeit wegen schwerer seelischer Störungen handeln, aber auch eine gute Therapie zur Verfügung stehen“, erklärte die Sozialministerin. Eine zügige und erfolgsorientierte Therapie sei ausdrücklich geregelt.
Für die CDU signalisierte Stefan Teufel Zustimmung. Allerdings verursache die Aufgabenerweiterung Kosten für Kommunen, die infolge zusätzlicher personeller Kapazitäten entstehen. „Dies darf aber zu keiner Benachteiligung führen“, sagte Teufel. Grundsätzlich stehe auch die CDU-Fraktion hinter den Hilfen und dem Schutz für psychisch Kranke. Auch die Förderung der sozialpsychiatrischen Dienste wertete Teufel als positiv.
Florian Wahl (SPD) hob die Entstehung des Gesetzes als „Musterbeispiel für einen transparenten und offenen Prozess“ hervor. Betroffene Menschen könnten durch das Gesetz frühzeitig Hilfe erhalten. „Mehr Patientenrechte in diesem Bereich hat es noch nie gegeben“, erklärte Wahl. Auch die Strukturen für den ländlichen Raum seien ein Novum.
Das Gesetz entziehe jeglicher Form der Stigmatisierung und Diskriminierung den Nährboden, sagte Jochen Haußmann (FDP). Er berichtete, dass die 67 sozialpsychiatrischen Dienste im Südwesten zuletzt 26 500 Menschen betreut hätten. Kritisch wies der Liberale auf die „fehlende verbindliche Finanzierung“ des entstehenden Personalbedarfs hin.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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15. und 16. Oktober 2014