Debatten im Landtag vom 9. und 10. Juni 2010

Opposition und Regierung streiten über Krise

Stuttgart. Die Opposition im Landtag vermisst in der Landesregierung und bei Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) jegliches Konzept in der Wirtschafts- und Finanzkrise. „Planlos, orientierungslos, mutlos“ – dies sei die Überschrift der Regierungspolitik der ersten Monate, kritisierte Winfried Kretschmann (Grüne) heute im Parlament in der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Debatte unter dem Thema „Steuersenkung, Atompolitik, […]

Stuttgart. Die Opposition im Landtag vermisst in der Landesregierung und bei Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) jegliches Konzept in der Wirtschafts- und Finanzkrise. „Planlos, orientierungslos, mutlos“ – dies sei die Überschrift der Regierungspolitik der ersten Monate, kritisierte Winfried Kretschmann (Grüne) heute im Parlament in der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Debatte unter dem Thema „Steuersenkung, Atompolitik, Mittelstand“. Die Regierung verheddere sich in Widersprüchen und wisse nicht, was sie wolle, urteilte Nils Schmid (SPD). Damit sei sie ein Abbild der Bundesregierung, die „zur Chaostruppe verkommen ist“.
Mappus fahre einen Zickzackkurs und blase beim Sparen lediglich die Backen auf. „Wir hören von Ihnen nur Ungefähres und Rückwärtsgewandtes. Wer so Politik macht, wird das Land in Starre und Verkrustung führen“, sagte Kretschmann. Nach dem Doppelhaushalt würden die Schulden des Landes näher bei 50 als bei 40 Milliarden Euro liegen, prophezeite der Grünen-Fraktionschef. Dem Regierungschef fehle die Kraft zur politischen Führung, Klarheit bei den Inhalten und die Verantwortung, die Gesellschaft in schwierigen Zeiten zusammenzuführen, kritisierte Schmid.

Mappus: Südwesten ist auf dem Weg aus der Krise

Beide Oppositionssprecher haderten auch über die Sparbeschlüsse der schwarz-gelben Bundesregierung. Dies seien „Vorschläge mit einer sozialen Schieflage sondergleichen“, sagte Kretschmann. Schmid bezeichnete das Berliner Sparpaket als ungerecht und sozial unausgewogen. Die Schwächsten im Land würden damit belastet.
Nach Ansicht des Ministerpräsidenten ist der Südwesten auf dem Weg aus der Krise. „Die Wirtschaft in Baden-Württemberg ist im Aufwind“, betonte der Regierungschef. Er verwahrte sich in scharfer Form gegen die Kritik der Opposition: „Hören Sie auf, mit Ihrer Untergangsrhetorik dieses Land schlechtzureden.“ Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke pflichtete dem Ministerpräsidenten bei; die CDU/FDP-Koalition habe „die dramatische Krise glänzend gemeistert“, die Argumente der Opposition seien schwachbrüstig. Reinhard Löffler (CDU) wies darauf hin, dass Baden-Württemberg 4,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung ausgibt. Der Südwesten sei zudem die exportstärkste Region mit dem größten Wirtschaftswachstum und der größten sozialen Sicherheit.
In seiner halbstündigen Rede versprach Mappus erneut, rechtzeitig vor der Landtagswahl am 27. März 2011 und noch in diesem Jahr konkrete Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung vorlegen. Auch Rülke kündigte ein „ausgewogenes, griffiges Paket“ an. In diesem Zusammenhang wies Mappus erneut auf ein Tabu hin: „So lange ich in der Landespolitik etwas zu sagen habe, wird bei Bildung und Kindern nicht gespart.“

Grüne werfen Regierung Lobbyismus bei Atompolitik vor

Die Opposition bezweifelt dieses Versprechen. SPD-FraktionsvizeNils Schmid erinnerte daran, dass Mappus das Sparkonzept des Bundesals ausgewogen bezeichnet hatte. „Da wissen wir ja, was uns blüht,wenn hier mal die Sparanstrengungen kommen.“
Beim Thema Atompolitik warf Kretschmann Lobbyismus vor. Wer wirklich wertkonservativ denke, könne doch nicht zulassen, dass die gesamte Atompolitik giftigsten Müller hinterlässt, der 100 000 Jahre strahlt. „Man setzt nicht wie Sie auf Altindustrien“, hielt er dem Regierungschef vor. Mappus bezeichnete in der Diskussion die jetzt von der Bundesregierung geplante Steuer für die Atomstrom-Erzeuger für falsch. „Sie ist ein Mittel zur Abschöpfung, aber nicht zur Lenkung“, sagte er. Deshalb bleibe er bei seiner Forderung, bei einer Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke die Hälfte der zusätzlichen Profite der Unternehmen abzuschöpfen, um das Geld in den Ausbau erneuerbarer Energien zu investieren. Dies mache politisch Sinn.
Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke will die Atomkonzerne über die neue Brennelemente-Steuer hinaus zur Kasse bitten. Man brauche weitere Abführungen von der Energiewirtschaft, sagte der Liberale. Dagegen äußerte SPD-Fraktionsvize Nils Schmid Zweifel an einer stärkeren Belastung der Konzerne. Die Brennelemente-Steuer werde vollständig zur Haushaltssanierung verwendet. „Die Atommeiler müssen lange, lange laufen, damit Sie die Haushaltslöcher in Bund und Ländern stopfen können.“

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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9. und 10. Juni 2010