Debatten im Landtag vom 9. und 10. Juni 2010

Schick empfiehlt sinnvolles Tempo bei Inklusion

Stuttgart. Die Abschaffung der Sonderschule soll in Baden-Württemberg nach Auffassung von Kultusministerin Marion Schick (CDU) in einem sinnvollen Tempo erfolgen. „Nicht mit dem Schnellzug von null auf hundert und die überfahren, die an der Haltestelle der Regionalbahn auf uns warten, sondern in dem Tempo, bei dem auch die einsteigen können, die leider keine ICE-Station haben. […]

Stuttgart. Die Abschaffung der Sonderschule soll in Baden-Württemberg nach Auffassung von Kultusministerin Marion Schick (CDU) in einem sinnvollen Tempo erfolgen. „Nicht mit dem Schnellzug von null auf hundert und die überfahren, die an der Haltestelle der Regionalbahn auf uns warten, sondern in dem Tempo, bei dem auch die einsteigen können, die leider keine ICE-Station haben. Dies ist unser Ziel“, schilderte die Ministerin am Mittwoch bildhaft im Landtag ihren Zeitplan bei der Umsetzung der UN-Konvention, die ein Elternwahlrecht bezüglich des Schulorts Sonderschule mit der Einführung der Regelschule für Kinder mit Behinderungen vorsieht. Nach Artikel 24 der Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen müssen die Länder ein inklusives Bildungssystem umsetzen.
Die Grünen-Schulexpertin Renate Rastätter sagte, Eltern bräuchten jetzt Sicherheit. Ihre Bittstellerrolle müsse zu Ende gehen. Deshalb brauche Baden-Württemberg die Abschaffung der Sonderschulpflicht. Allein wenn diese Pflicht jetzt – und nicht in drei Jahren – abgeschafft würde, würden dies die Eltern als vertrauensbildende Maßnahme verstehen. Der Elternwunsch müsse in dieser Frage die Leitschnur sein. „Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif“, sagte Rastätter, deshalb bedürfe es Ressourcen, die momentan nicht ausreichten.
Norbert Zeller (SPD) warf der CDU/FDP-Koalition vor, die Inklusion blockiert zu haben. Die UN-Konvention enthalte ein Verbot der Sonderschulpflicht und verpflichte die Vertragsstaaten zu einem inklusiven Bildungssystem. Baden-Württemberg orientiere sich aber immer noch an der Homogenität und an Leistung in Konkurrenz. Wenn nach dem Schulgesetz die Sonderschüler zum Besuch einer geeigneten Sonderschule verpflichtet seien, dann sei dies verfassungswidrig und müsse schleunigst geändert werden.
Für Birgit Arnold (FDP) bedeutet „gemeinsam kooperativ/integrativ nicht automatisch inklusiv“. Eine inklusive Beschulung heiße, das Kinder mit Behinderung ist Schüler der Regelschule und nehme am Unterricht der Regelschule teil, auch wenn es dem allgemeinen Bildungsgang nicht folgen könne. Dieses gebe es im derzeitigen Schulsystem in Baden-Württemberg, abgesehen von laufenden Schulversuchen, nicht. Die FDP sei für ein Elternwahlrecht. Andreas Hoffmann (CDU) wies darauf hin, dass das Land die Vorschläge des Expertenrates schon vor Ort umsetze. Dieser sei dafür, die inklusiven Bildungswege in Modellen zu testen. Es gebe keine halbherzige Umstellung bei der UN-Kovention.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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9. und 10. Juni 2010