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Debatten im Landtag vom 22. und 23. Juni 2022

Sichere Häfen, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen: Lorek übt scharfe Kritik an Kommunen

Die Debatte um die Zuwanderung in Baden-Württemberg war hitzig: Neben Kritik an Kommunen, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, kritisierte die Opposition die Landesregierung für ihre Zuwanderungspolitik.

STUTTGART. An den Kommunen im Land, die sich zu „Sicheren Häfen“ erklärt haben, aber dennoch keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, hat Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) scharfe Kritik geübt. Vor Weihnachten seien 41 Kommunen angeschrieben worden, nur drei hätten reagiert, erklärte Lorek in der Landtagsdebatte zur Zuwanderung nach Baden-Württemberg. Es gehe aber nicht nur darum, irgendwann „einen netten Gemeinderatsbeschluss zu fassen“, sondern darum zu helfen. „Ich halte es einfach für billig und unehrlich, sich zum sicheren Hafen zu erklären, aber nachher, wenn es dann darum geht, zu sagen, oh wir können doch nicht“, ergänzt Sascha Binder (SPD).

Grundsätzlich verteidigte Lorek das Vorgehen der Landesregierung, nach dem Klaus-Dieter Scheerer (FDP) „die Luft nach oben“ beklagte. Die Maßnahmen der Regierung, gerade gegen den Fachkräftemangel, gingen nicht weit genug, das sei überall in der Wirtschaft zu erkennen: „Flüge fallen aus, Freizeitparks können nur einen Bruchteil der Besucher einlassen, von Einzelhandel und Gastronomie gar nicht zu sprechen.“ Und die Koalition reagierte nicht. Nicht einmal sei geprüft, welche Berufsgruppen hier im Land überhaupt dringend benötigt würden.

Binder geht besonders scharf mit Grün-Schwarz ins Gericht. In gesellschaftspolitischen Fragen, wie der Streichung des Paragraphen 219a oder einer humanen Migrationspolitik werde Baden-Württemberg zum „Enthaltungsland im Bundesrat“, weil sich die Regierung nicht eigen könne. Und er sei sehr gespannt, wie sich die Koalition zu dem von der Bundesinnenministerin vorgelegten Paket, unter anderem zum Bleiberecht, verhalten werde.

Spurwechsel

Scheerer sprach sich für die bessere Nutzung bestehender und die Erschließung neuer Erfolgspotenziale aus und er plädierte für den „Spurwechsel“, um abgelehnten, aber geduldeten, integrierten Asylbewerber einen Aufenthaltstitel zu ermöglichen.

Tatsächlich hatten sich Grüne und CDU schon im Sondierungspapier, der Grundlage zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen, darauf verständigt, dass „für diejenigen, die viele Jahre im Land nicht straffällig geworden und gut integriert sind, alle Möglichkeiten genutzt werden, um ein Bleiberecht zu ermöglichen“. Geschehen, so Binder, sei aber gar nichts, ganz im Gegenteil. Auch die in Aussicht gestellte Vorgriffsregelung auf das neue Bleiberecht werde von der CDU verhindert, „und deshalb schieben sie auch die ab, die sich integrieren, die arbeiten und die Chancen für Baden-Württemberg bedeuten“.

„Noch nicht durchdacht“

Daniel Lede Abal (Grüne) stellte sich hinter die Pläne der Bundesregierung, gerade auch zum Bleiberecht. Seine Fraktion erreichten viele Anfragen hilfesuchender Personen, die Integrationsleistungen erbracht und doch Angst vor einer Abschiebung hätten. Lorek ließ dagegen Unzufriedenheit erkennen. Einiges erscheine ihm doch nicht durchdacht.

Andreas Deuschle (CDU) griff nicht nur die Liberalen an, sondern beklagte auch „mehr als einen Grund, die Migrationspolitik der Ampel zu kritisieren“. In fünf Minutenredezeit habe er aber gar nicht die Möglichkeit zu erläutertern, „was uns an den Migrationsplänen im Bund nicht passt“. Aber darum gehe es der FDP auch gar nicht. Sie wollen einen Spaltpilz in diese Koalition zwischen Grünen und CDU treiben, das werde aber nicht gelingen.

Ruben Rupp (AfD) nannte die Bilanz der Landesregierung in der Migrationspolitik eine Bilanz des Versagens: „Uns geht es darum, dass unsere Kinder und unsere Enkel wieder ein sicheres und unbeschwertes Leben in ihrer vertrauten Heimat führen können, so, wie es über Jahrhunderte der Fall war.“ Eine Rüge erteilte Landtagsvizepräsident Wolfgang Reinhart dem AfD-Abgeordneten Uwe Hellstern, nachdem er „Duma“ gerufen hatte. Hellstern verteidigte sich damit, niemandem direkt gemeint zu haben und sprach von einer „Ruhestörung“, weil er ein lautes Wort gesagt habe.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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22. und 23. Juni 2022