Abgeordnete debattieren Kreistagswahlrecht
Stuttgart. Beim CDU-Gesetzentwurf bezüglich einer Änderung des Kreistagswahlrechts bestand am Mittwoch im Landtag weitgehend Einigkeit. Reichlich Spott musste die Union bei der ersten Lesung dennoch über sich ergehen lassen.
2003, es war noch zu Regierungszeiten, hatte sie einen Wunsch des damaligen Koalitionspartners FDP mitgetragen. Bei Kreistagswahlen durften Bewerber fortan in zwei Wahlkreisen des gleichen Landkreises kandidieren. Das will die CDU nun wieder ändern – Kandidaten sollen bloß noch in einem Wahlbezirk antreten dürfen. Der besseren Wählerbindung wegen.
Und, weil sich das Verfahren nicht bewährt hat. Denn vor allem rechtsextreme Parteien oder Splittergruppierungen machten rege davon Gebrauch. 2009 hatten die Republikaner beispielsweise einen Anteil von enormen 87,3 Prozent Doppelkandidaten.
„In der Praxis zeigte es sich, dass es zu Verzerrungen des Wählerwillens kam“, sagte Klaus Herrmann im Landtag. Der CDU-Politiker hatte dabei etwa den Fall des Böblinger Kreistags im Blick. Dort hat die NPD einen Sitz, „der ihr ohne Verzerrung nicht zustehen würde“.
Sowohl Grüne als auch SPD befanden, dass der Gesetzentwurf in die richtige Richtung geht. Auch sie sehen Bedarf für eine Änderung. „Wenn wir rechtsextremen Parteien keine besondere Chance einräumen wollen, dann müssen wir das tun“, sagte Andreas Schwarz von den Grünen. Allerdings wollen die Regierungsparteien den alleinigen Entwurf nicht vorantreiben, sondern ein Gesamtpaket in den Landtag einbringen. Dieses wird im Innenministerium bereits vorbereitet und sieht laut Schwarz auch eine Änderung im Auszählverfahren vor.
Bezüglich des Wandels innerhalb der Union begab sich der Sozialdemokrat Walter Heiler ins Lyrische und zitierte Goethe: „Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder.“ Schließlich habe die CDU erkannt, dass die Regelung „Murks“ war. Innenminister Reinhold Gall (SPD) war gnädiger und lobte das Vorgehen, „eigene Ansichten auf den Prüfstand zu stellen“.
Einzig Ulrich Goll (FDP) zählte die Vorteile der Doppelkandidatur auf: Mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der Listenbesetzung, womöglich eine bessere Repräsentation von Frauen. „Und wenn es in einem Wahlkreis keinen Kandidaten einer Partei gibt, kann das den Wählerwillen auch verzerren“, sagte der ehemalige Justizminister.
Dass das Plenum diesen Argumenten folgt, glaubt er allerdings nicht. Die Landesregierung will ihr Gesamtpaket im Frühjahr 2013 vorlegen – rechtzeitig vor der nächsten Kommunalwahl im Jahr darauf.