Landtagsmehrheit für Frauenquote
Stuttgart. Mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und Grünen wird eine Empfehlung zur Einführung einer Frauenquote auf europäischer Ebene für die Aufsichtsratsposten von börsennotierten Unternehmen verabschiedet. Hintergrund: Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Viviane Reding, denkt offen über eine Quote von bis zu 40-Prozent-Frauenanteil in den Spitzenpositionen von Europas Wirtschaft bis 2020 nach.
Der Antrag der SPD hat eine etwas kryptische Formulierung: „Nachteile für Unternehmen aus Baden- Württemberg auf dem europäischen Markt wegen geringer Frauenquote.“ Tatsächlich beschreibt die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Wölfle ein Szenario, wonach im Jahr 2015 die Firma Bosch Solar Engineering einen großen Fotovoltaik-Auftrag der spanischen Regierung deshalb nicht bekommen könnte, weil das Unternehmen von 19 Aufsichtsräten nur eine Frau beschäftigt.
In der Debatte im Landtag am Mittwoch wird vor allem betont, dass die Unternehmen ein Eigeninteresse daran haben sollten, mehr Frauen zu beschäftigen. „Dies führt zu besseren Unternehmensergebnissen und einem besseren Unternehmensklima und einer größeren Zufriedenheit der Mitarbeiter“, so die grüne Landtagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel. Deutlich wird auch, dass in allen Fraktionen mit Ausnahme der FDP die Geduld mit freiwilligen Selbstverpflichtungen zu Ende geht. „Die Zeit ist reif für Veränderungen“, zitiert Sabine Wölfle die CDU-Frau Maria Böhmer in der Berliner Erklärung, in der sich 7.000 Frauen aus ganz Deutschland dafür einsetzen, 30 Prozent der Aufsichtsratsposten von börsennotierten Unternehmen mit Frauen zu besetzen.
Unterschrieben hat diese Erklärung auch Friedlinde Gurr-Hirsch, CDU, die sich im Landtag offensiv für die Frauenquote ausspricht. „Unsere Geduld ist überstrapaziert“, so Gurr-Hirsch. Elf Jahre nach der Selbstverpflichtung der Unternehmen sei nicht viel passiert. Positiv verweist sie auf den Mittelstand Baden-Württembergs, wo immerhin 30 Prozent der Spitzenpositionen von Frauen eingenommen würden, häufig Töchter der Unternehmensgründer.
„Nur 23 Prozent der Baden- Württembergischen Spitzenpositionen sind im Schnitt von Frauen besetzt, das ist weniger als im Durchschnitt Deutschlands (26 Prozent) und weniger als im Durchschnitt Europas (27 Prozent)“, so Staatssekretär Ingo Rust, SPD, für die Landesregierung. „Die Unternehmen sollten sich im eigenen Interesse ehrgeizige Ziele bei der gender-gerechten Besetzung von Spitzenpositionen setzen“, so Rust. Freiwilligkeit reiche nicht, eine verbindliche Mindestquote sei notwendig. Immerhin habe die neue Landesregierung bei den landeseigenen Beteiligungen den Frauenanteil um 22,6 Prozent erhöht. Allerdings gingen von 27 Besetzungen bei besonders hochdotierten Posten der B-Besoldung lediglich vier an Frauen, wie der CDU-Fraktionschef Jürgen Hauk der Regierung vorhält. „Da gibt es Nachholbedarf“, räumt Rust ein.