Oberflächen-Geothermie ist Bestandteil der Energiewende
Stuttgart. Die oberflächennahe Geothermie ist nach Ansicht von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) "Bestandteil" der Energiewende in Baden-Württemberg. "Es gibt keinen Anlass, an dieser Energie grundsätzlich zu zweifeln", sagte der Minister am Donnerstag im Stuttgarter Landtag bei der Diskussion über eine Große Anfrage der SPD-Fraktion.
Gegenwärtig seien 27 000 Erdwärmesonden mit 2600 Bohrkilometer im Südwesten installiert und in Betrieb, berichtete Untersteller. Daraus ergebe sich eine nutzbare Wärmemenge von 210 GW-Stunden pro Jahr. Dagegen stehe die Nutzung der Tiefen-Geothermie im Land erst am Anfang.
Trotz des Vertrauensverlusts, hervorgerufen durch Schäden an Häusern in Staufen, Renningen, Schorndorf und Leonberg, sei Geothermie keine riskante Technologie. Durch die vom Ministerium eingeführten Leitlinien Qualitätssicherung Erdwärmesonden bestehe nun eine größere Transparenz und Akzeptanz in der Geothermiebranche, die geforderten Qualitätsstandards einzuhalten. Außerdem wurden die Risiken bei Schadensfällen durch die verschuldungsunabhängige Versicherung deutlich reduziert.
Auch die SPD wird nach Aussage von Gernot Gruber (SPD) an der Geothermie festhalten. Das riesige Potenzial werde noch zu wenig genutzt, bemängelte der Abgeordnete. Durch noch mehr Sicherheit und Qualität könne diese Energiequelle mehr Beachtung finden. "Geothermie ist ein substanzieller Beitrag zur Energiegewinnung", konstatierte Gruber.
Ähnlich äußerte sich Paul Nemeth (CDU). Im Wärmebereich sei Geothermie "nicht mehr wegzudenken", zumal die Energie kostengünstig ist: "Auch die Erde schickt keine Rechnung, wie die Sonne." Zunächst aber müsse Geothermie Vertrauen zurück gewinnen. "Sie braucht eine zweite Chance, denn sie ist wichtig für den Energie-Mix", sagte Nemeth. Seinen Vorwurf, Grün-Rot streiche den Energieagenturen bei Kommunen das Geld, wies Untersteller postwendend zurück. "Wir werden nicht in die Dauerfinanzierung einsteigen, aber die Agenturen über Projekte fördern", erklärte der Minister.
Bernd Muschel (Grüne) wies auf das Potenzial der Geothermie hin. "99 Prozent der Wärme messen mehr als 100 Grad", berichtete er. Auch die Tiefen-Geothermie sei inzwischen ausgereift, jetzt müsse nur noch das Vertrauen wachsen. Ähnlich schätzt Andreas Glück (FDP) die Lage ein. "An der gesellschaftlichen Akzeptanz muss man arbeiten, Aufklärung tut not", forderte er von der Landesregierung. Baden-Württemberg sei speziell für die Tiefen-Erdwärme "besonders interessant". Bisher wurde jedoch nur ein Projekt zur Gewinnung von Strom und Wärme realisiert: Das Geothermiekraftwerk der EnBW und Energie- und Wasserversorgung Bruchsal in Bruchsal. In Planung befinden sich derzeit Projekte in Brühl, Neuried, Pfullendorf und Bad Buchau. Weitere 40 Vorhaben sind in der Suchphase.