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Debatten im Landtag vom 9. und 10. November 2022

Unterbringung von Flüchtlingen: „Bund soll mehr finanzielle Verantwortung übernehmen“

Ministerpräsident Kretschmann fordert unter anderem vom Bund, mehr Verantwortung in der Krisenbewältigung zu übernehmen. Aus den Fraktionen hagelte es Kritik an der Regierungserklärung. Wer sie gehört habe, so FDP-Chef Rülke, „kann dem Land nur wünschen: Gehen Sie bald in den Ruhestand“.
Für die Unterbringung von Flüchtlingen wünschen sich Städte und Gemeinden mehr finanzielle Unterstützung. dpa/Felix Kästle)

STUTTGART. Ausdrücklich auch im Interesse der Städte und Gemeinden im Land ruft Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Bund dazu auf, mehr finanzielle Verantwortung bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu übernehmen. „Auch beim öffentlichen Nahverkehr müssen wir mit deutlich weniger Geld vom Bund klarkommen, als notwendig wäre“, so Kretschmann in einer Regierungserklärung zur Krisenbewältigung vor dem Landtag.

Trotzdem habe er dem Bund-Länder-Beschluss „aus voller Überzeugung“ zugestimmt, denn „zum einen ist ein breiter politischer Konsens in der Krise ein hohes Gut“. Zugleich kündigte der Ministerpräsident, auch auf Druck der CDU-Fraktion, gezielte Hilfen zur Überbrückung der Winterlücke an: ein zinsverbilligtes Darlehen mit einem Zinssatz von 2,1 Prozent statt vier Prozent und einen zinsverbilligten Liquiditätskredit plus einen zusätzlichen Tilgungszuschuss. Anders als von CDU-Fraktionschef Manuel Hagel verlangt, wird eine Auszahlung allerdings nicht bereits im Dezember, sondern ab 1. Januar 2023 stattfinden. „Wir handeln schnell“, so Kretschmann, „jedenfalls so schnell es geht, und abgestimmt mit dem Bund.“

Gelder könnten schon im Dezember gestellt werden

Hagel widersprach nicht nur mit Blick auf die Ampelkoalition in Berlin, sondern bezog in seine Kritik auch Kretschmann indirekt mit ein: Die Ministerpräsidentenkonferenz werde „schon fast zum Ruheraum des Bundeskanzleramts, und das können wir uns in dieser Krise nicht leisten“. Zugleich hob der CDU-Fraktionschef hervor, dass die Koalition es gemeinsam hinbekommen habe, eine Brücke über die Lücke bei den Bundeshilfen zu bauen. Anträge könnten schon im Dezember gestellt werden, Gelder ab Januar fließen.

Auch SPD-Fraktionschef Andreas Stoch kritisierte Kretschmann, unter anderem dafür, wie er in seiner Regierungserklärung minutenlang „am Bund herumgekrittelt“ habe – „an der Bundesregierung, der Ihre eigene Partei angehört“. Wie groß aber sei das, was die Landesregierung leiste: „Was Sie heute ankündigen, ist kein Doppelwumms und kein Wumms und nicht einmal ein halber Wumms“, so Stoch, denn angeboten würden nur Darlehen, und das noch nicht einmal zinslos.

Hilfen seien „hochbürokratisch“

„Eine ganz zentrale Frage für uns Grüne liegt darin, wie wir die Wirtschaft unterstützen, um gut über den Winter zu kommen“, erklärte Fraktionschef Andreas Schwarz. Es gehe ihm insbesondere um die kleinen und mittleren Unternehmen und das Handwerk, weil gerade von solchen Betrieben die wirtschaftliche Stärke abhänge. Mit diesem maßgeschneiderten Paket werde auf spezifische Belange reagiert: „Das Tiefdruckgebiet der Krise steht zwar über Baden-Württemberg, aber wir spannen den Regenschirm auf.“

Für die AfD lehnte Fraktionschef Bernd Gögel die Hilfen dagegen als „hochbürokratisch“ ab. Und er nutzte die Gelegenheit, um erneut den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu kritisieren. Dies sei „unbezahlbar, realitätsfern und hochgefährlich“. Einer Umfrage des Ifo-Instituts zufolge erwäge jedes vierte Unternehmen aufgrund der Energiepreise einen Arbeitsplatzabbau.

„Gehen Sie bald in den Ruhestand“

Besonders scharf ging FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke den Ministerpräsidenten auch persönlich an. Die Regierungserklärung sei das müde und oberflächliche Glaubensbekenntnis „eines Patriarchen in seinem politischen Spätherbst“. Wer sie gehört habe, „kann dem Land nur wünschen: Gehen Sie bald in den Ruhestand“. Es sei nicht Aufgabe der Opposition, konterte Kretschmann, mit einer  Regierungserklärung zufrieden zu sein. Er müsse aber Einiges richtigstellen. Der Bund und die Länder hätten am Ende das gesamte Paket gemeinsam beschlossen. Und die Dimension für Baden-Württemberg sei erheblich: „Das kostet die Kommune und uns fast fünf Milliarden, das müssen Sie einfach doch mal zur Kenntnis nehmen, denn dann sähe auch Ihre Replik ganz anders aus.“

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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9. und 10. November 2022